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Dienstag
05.02.2008

Der Schweizer Presserat will den Selbstmord eines der Pädophilie verdächtigen Priesters zum Anlass nehmen, Grundsätze der Medienarbeit zu hinterfragen. Konkret gehe es um die Frage, ob ein Verdacht auch nach vielen Jahren noch geäussert werden dürfe. Der Presserat werde Anfang nächster Woche an einer Sitzung über dieses Recht auf Vergessen beraten, sagte Dominique von Burg, Präsident des Selbstregulierungsorgans der Schweizer Presse, am Dienstag auf Anfrage. Es gehe dabei um generelle Überlegungen, wie sie der Presserat etwa auch beim Karikaturenstreit angestellt habe. Berichte in Blogs und im Internet können dem Thema eine neue Dimension geben.

Der Neuenburger Priester hatte in seinem Abschiedsbrief eine angebliche «mediale Jagd» als Grund für seinen Suizid genannt. Die Familie des aus dem Leben geschiedenen Priesters machte das Recht auf Vergessen geltend. Der Fall liege mehr als 20 Jahre zurück. Von Burg, seit Anfang dieses Jahres Präsident des Presserates, ist allgemein der Ansicht, die Medien hätten ihre Verantwortung bei der Berichterstattung über den Pädophilieverdacht bei einzelnen katholischen Priestern wahrgenommen. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf zu erfahren, was sich hinter den Kirchenmauern abspiele, sagte von Burg weiter. Die katholische Kirche habe während Jahren zum Thema Pädophilie geschwiegen. Nun werde die Debatte umso heftiger geführt.

Die Medien ihrerseits trügen eine grosse Verantwortung. Sie seien bei ihrer Berichterstattung der Unschuldsvermutung und des Rechtes auf Vergessen verpflichtet, wie dies aus der Rechtssprechung des Presserates klar hervorgehe. Er habe angesichts der jüngsten intensiven Berichterstattung zum Thema Pädophilieverdacht bei Priestern den Eindruck, dass die Medien im Allgemeinen die Grenzen respektierten, sagte von Burg. Doch es gebe auch fragwürdige Dinge, wie etwa die Publikation des Bildes eines verdächtigen Priesters in einem Magazin.