Es war eine wahre Freude, Grzegorz Piechota von der polnischen Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» an der Publicitas-Verlegertagung vom Mittwoch in Thun zuzuhören. Mit ansteckender Begeisterung legte er dar, wie das Blatt als erste staatsunabhängige Publikation im damals noch kommunistischen Land gestartet wurde und sich nach der politischen Wende rasch zu einem Symbol für die neuen politischen und gesellschaftlichen Freiheiten entwickelte. Von 8 Seiten täglich auf heute über 150 Seiten wuchs die Zeitung parallel mit diesem Aufschwung. Zur Zeitung kamen zahlreiche Beilagen und Wochentitel, ein Lexikon, CDs, Reiseführer und was man sich noch wünschen kann. «News is not enough», fasste der Referent die Erfahrung zusammen, und sechs Millionen Leserinnen und Leser folgen dem Blatt auf seinem Weg. Finanziell schlägt sich dies in 483 Millionen Franken Umsatz nieder (2006).
Ein exemplarisches Beispiel für den Schwung, mit dem die «Gazeta Wyborcza» ans Werk geht, ist das Naturschutzgebiet Rospuda, durch das die Regierung eine Autobahn bauen will. Mit beispiellosem Einsatz hat sich die Zeitung zur Beschützerin des Gebiets gemacht, hat Zehntausende von Briefen und E-Mails organisiert, eine Besetzung inszeniert und schliesslich den Europäischen Gerichtshof auf seine Seite gebracht. Laut Umfragen unterstützen heute 60 Prozent der Bevölkerung die integrale Erhaltung des Gebiets, obschon das Projekt offiziell immer noch durchgebracht werden soll. Der Referent musste offen lassen, ob etwas Ähnliches in der Schweiz unter ganz anderen politischen Randbedingungen auch möglich wäre, aber was befreiender Schwung für den Aufbau einer Marke heissen kann, ist zweifellos auch hier von exemplarischer Bedeutung.
Mittwoch
13.06.2007




