Der «offene Brief» von über zwei Dutzend deutscher Intellektuellen spaltet weiterhin die politische Diskussion rund um den Ukrainekrieg. Der Klein Report schaute sich einige Statements genauer an.
Einerseits wurde der Brief, von dem der Soziologe Armin Nassehi in einem sehr bemerkenswerten Thread meinte, er enthalte keinen einzigen Grund gegen die Notwendigkeit von Waffenlieferungen an die Ukraine, stark kritisiert.
Andererseits verbünden sich, je länger je mehr, die üblichen Verdächtigen: die «Süddeutsche Zeitung», die taz und ihre Verteiler, mit Alice Schwarzer und Co., deren «offener Brief» nach eigenen Angaben über 150'000 mal mitunterzeichnet worden sei.
Im Netz dominiert die Kritik am «Sofa-Pazifismus» und die Empörung darüber, dass sich die Intellektuellen an Bundeskanzler Olaf Scholz statt an den Kriegstreiber Putin gewendet haben.
Satirisch machte der Tweet von «Der Postillon» die Runde, dass Wladimir Putin den «offenen Brief» an Bundeskanzler Scholz auch mitunterzeichnet habe. Die «Frankfurter Zeitung» (FAZ) hingegen hält den Widerstand gegen den «offenen Brief» aufrecht, indem die Zeitung den Expertinnen und Experten, die schon lange Waffenlieferungen an die Ukraine sowie einen Flugkorridor fordern, Medienplatz einräumt.
Wladimir Klitschko schreibt den Prominenten rund um Alice Schwarzer, dass das Ausmass des Grauens der Besatzung der Ukraine einen Namen hätte, und dieser laute «Völkermord». Die Nachkritik hingegen sieht hinter der Kritik an Alice Schwarzer und Co. «eine beunruhigende Selbstbeschränkung des Denkens», als ob es irgendwelche Restriktionen gäbe über Putin, dessen Krieg und die Auswirkungen in der Ukraine.
Per Twitter wurde auch bekannt, dass Bernd Lucke den «offenen Brief» von Alice Schwarzer mitunterzeichnet hätte. Einem bisher nur einem kleinen Kreis bekannten Musiker namens Wolfgang Müller gab der «Spiegel» mehrere Seiten Platz als Kommentar zum «offenen Brief».
Müller beschreibt eindrücklich, wie der «offene Brief», der in der Zeitschrift «Emma» publiziert wurde, eine Täter-Opfer-Umkehr in Reinkultur» sei. «Die Welt» lässt Hubert Kleinert zu Wort kommen: «Wie eine Aufforderung zur Kapitulation.»
Voll hinter Alice Schwarzer und Co. steht der Deutschlandfunk, der Alice Schwarzer über acht Minuten unkritische Redezeit einräumte. Aufgrund dieses Berichts zogen dann ARD und ZDF mit Schwarzers Verteidigung nach.
Die «Neue Zürcher Zeitung» übt sich in Zurückhaltung und lässt den prägnanten Kommentar von Marc Felix Serrao für sich sprechen: 418 Kommentare löste der Artikel, der schon am 29. April publiziert wurde, bisher aus und beginnt mit dem bemerkenswerten Satz: «Die Fähigkeit, Meinungsunterschiede auszuhalten und zivilisiert auszutragen, war in Deutschland nie stark ausgeprägt.»
Der Klein Report stellt fest: Alice Schwarzer und Co. haben mit minimalstem intellektuellem Aufwand maximalen Medienwirbel erreicht. Dies nützt nur den direkt in den Medien Beteiligten, aber sicherlich nicht der sofortigen Beendigung des Krieges gegen die Ukraine.