Ein Gespenst geht um in der digitalen neuen Welt: Es gibt kaum einen Berufsstand, der sich zurzeit nicht die Zunge wundredet über die Chancen, Risiken und Nebenwirkungen der künstlichen Intelligenz.
Fragt man ChatGPT persönlich, ob er (oder sie oder es) eigentlich auch Romane schreiben kann, bekommt man folgende Antwort vorgerechnet: «Ja, ich kann Romane schreiben. Als Sprachmodell bin ich darauf programmiert, Texte in verschiedenen Stilen und Genres zu generieren, einschliesslich Romanen. Obwohl ich keine menschliche Kreativität oder Emotionen besitze, kann ich dennoch Geschichten erzählen und komplexe Handlungen entwickeln. Wenn du möchtest, kann ich dir einen Auszug aus einem Roman geben oder dir bei der Entwicklung einer Romanidee helfen.»
Smart, hilfsbereit, selbstbewusst, aber nicht aufdringlich. Ein echter Buddy. Was will man noch mehr?
Auch die Autorinnen und Autoren der Schweiz (A*dS) haben sich diese Frage gestellt. Schliesslich tangiert das auch ihre Zukunft als Kunstsparte und Berufsstand. Wobei sie sich an ihrer Generalversammlung am Donnerstag in Solothurn vorsorglich mit Gänsefüsschen von der künstlichen «Intelligenz» distanzierten – als ob sich erst noch herausstellen müsste, dass es sich nicht vielleicht doch eigentlich um künstliche «Dummheit» handle, die uns ChatGPT und Co. derzeit frei Haus liefern.
Für Entspannung sorgte der Philosoph, Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Hannes Bajohr. In seinem Referat dachte er über den Einsatz von KI in der Literatur nach. Er berichtete darüber, wie diese Technologie funktioniert, wo ihre Möglichkeiten und Grenzen liegen, und was das für Autoren und Autorinnen bedeutet.
Bajohr vermutet, dass die Art des Schreibens, die Teilfunktionen delegiert, aber nicht völlig aus der Hand gibt, in den kommenden Jahren für eine ganze Reihe literarischer Textsorten normal sein wird.
Als ein Beispiel für den Verständniswandel eines neuen Mediums verwies er unter anderem darauf, dass es bereits Anfang des 20. Jahrhunderts eine Diskussion über den Übergang von der Handschrift zur Schreibmaschine gab. Kritiker betonten die «Seelenlosigkeit» oder Unpersönlichkeit der Maschine.
Es kam anders, und viele Schriftsteller, Literatinnen und Medienschaffende sind ihrem Schreibgerät innig verbunden – egal, ob Computer, Stift oder vielleicht doch noch Schreibmaschine.
Bajohr meint, dass Ähnliches mit bestimmten Text-KIs geschehen könnte. Solange KI nicht wirklich autonom sei, sondern immer noch einen Menschen brauche, der ihren Output als Literatur in die Welt gibt, sei KI lediglich eine Erweiterung. Und diese könnten sich die Schreibenden zunutze machen.