Norbert Neininger, der Verleger und Chefredaktor der «Schaffhauser Nachrichten», fühlt sich gemäss «Dem Sonntag» als Opfer eines Shitstorms. Bei einem Shitstorm handelt es sich um Empörungswellen und um Angriffe auf Personen oder Unternehmen, die mittels sachlichen und vor allem auch unsachlichen Beiträgen über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder auch über Blogs stattfinden.
«Obwohl es sich in meinem Fall eher um ein laues Lüftchen handelte, wurde mir das Schädigungspotenzial einer konzertierten Twitter-Attacke zum ersten Mal offenbar», wird Neininger zitiert. Von einem Shitstorm zu reden, ist denn auch übertrieben, wenn nicht sogar verfehlt.
Zum einen ist die Masse der Beiträge mehr als übersichtlich, zum andern handelte es sich bei den Twitter-Beiträgen vorwiegend um Kritik am Vorgehen der «Schaffhauser Nachrichten», die einen Blog-Artikel von Wirtschaftsprofessorin Monika Bütler auf batz.ch ohne deren Einwilligung in der Zeitung abgedruckt hatten.
Eine der härteren Twitter-Meldungen war etwa diejenige des Deutschen Journalistenverbandes Berlin-Brandenburg (DJVBB), der den SN-Verleger in einem Twitter-Beitrag als «Dieb» bezeichnete und sich darüber mokierte, dass gerade der Verleger, der in der Vergangenheit oft das Urheberrecht hochhielt, sich nun dem Vorwurf der Urheberrechtsverletzung stellen muss.
Besonders störend sind für Neininger, dass Nachrichten auf sozialen Netzwerken und Blogs zum Teil anonym verfasst werden. So hat er gemäss einem Kommentar des DJVBB auf dem Satire-Blog Lupe die Herausgabe des Namens des Verfassers verlangt. «Redaktionen kennen das Phänomen: Man erhält gelegentlich anonyme Briefe, die in der Regel ehrverletzend und beleidigend sind», schreibt Neininger in der Zeitung. «Diese Manifestationen der Bösartigkeit, der Dummheit und des fehlenden Anstandes halten sich bei Zeitungen in Grenzen.»
Norbert Neininger fordert deshalb, dass man sich zu erkennen geben soll, wenn man auf Twitter und Facebook schreibt. «Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, und nicht nur das Urheberrecht, auch die Persönlichkeitsrechte müssen durchgesetzt werden», so Neininger weiter.
Das dürfte auch ein Seitenhieb gegen das Facebook-Profil Jarbert Janingers - eines anonymen Kollektivs - sein, der seit dem vergangenen Wochenende die Facebook-Nutzer auffordert, Gegenpositionen zur Berichterstattung der «Schaffhauser Nachrichten» einzunehmen und den Informationsfluss auf seine Pinnwand zu verschieben.
Zwar mag der Einwand, dass man nicht anonym über das Internet seine Anfeindungen verbreiten sollte, stimmen. Allerdings sucht sich Norbert Neininger für seine unadressierten Vorwürfe nicht unbedingt die Paradebeispiele aus, welche als «Manifestationen der Bösartigkeit, der Dummheit und des fehlenden Anstandes» gelten können. So sind etwa die meisten Twitter-Beiträge einem Nutzer zuzuordnen und Jarbert Janinger - der auf seinem Profil keine ehrverletzenden Aussagen tolerieren will - hat angekündigt, seine Person offenzulegen (was er natürlich noch einhalten muss).
Es ist allerdings auch nicht das erste Mal, dass der SN-Verleger sich mit seinem Ärger über die Berichterstattung in sozialen Netzwerken und Blogs einen Namen macht. «Dass in Blogs ein jeder unreflektiert publizieren kann, ist nicht in jedem Fall eine Errungenschaft, sondern - wie auch Schaffhauser Beispiele zeigen - des Öfteren nur Zeugnis für Dummheit und Primitivität», schrieb er schon im September 2011 in seiner Kolumne in den «Schaffhauser Nachrichten».
Während manche Nutzer im Internet anonym auftreten, versteht es Neininger dafür, seine Vorwürfe an anonyme Adressaten zu richten. Christian Erne, der den Schaffhauser Blog verfaultegeschichten.ch betreibt und aufgrund seiner Berichte als Adressat des Blog-kritischen Kommentars infrage kommt, unterschrieb seinen Beitrag am Montag über den Streit um Bütlers Artikel auf jeden Fall schon mal vorsorglich mit «Dein anonymer User von Verfaulte Geschichten, Christian Erne».