Das Vernehmlassungsverfahren zum neuen Fernmeldegesetz (FMG) und zum neuen Urheberrechtsgesetz (URG) ist eröffnet: Die darin vorgesehenen Sperrlisten sowie die Herausgabe von Identitäten der Anschlussinhaber seien allerdings Methoden, «welche weit mehr schaden, als sie nützen», findet das Internet Society Switzerland Chapter (ISOC-CH).
Mit dem neuen URG will der Bundesrat nichts weniger, als die Internet-Piraterie bekämpfen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Massnahmen «dort erfolgen, wo sie am effizientesten sind, nämlich bei den Providern», heisst es in einer bundesamtlichen Mitteilung.
Anders ausgedrückt sollen die Betreiber einer Internetsite Sperrlisten einrichten, die den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken (URG) oder zu pornographischen Inhalten (FMG) verhindern. «Sperrlisten sind weitgehend wirkungslos», sagt allerdings das ISOC-CH, denn «illegale Inhalte bewegen sich im Internet schneller als Einträge auf Sperrlisten».
Auch sonst können solche Listen mittels Tunnel-Mechanismen wie Virtual Private Network (VPG) oder Anonymisierungs-Diensten leicht umgangen werden, «meist reicht eine simple Suchmaschinen-Anfrage», so ISOC-CH. Wirklich kriminelle Nutzer werden ohnehin nicht gestört, denn «diese verwenden bereits heute das Darknet».
Leidtragende seien deshalb in erster Linie normale Nutzer des Internets: Wegen «Overblocking» oder fehlerhaften Sperrlisten besteht die Gefahr, «dass auch legale Angebote plötzlich nicht mehr erreichbar sind». Das bedeute eine «Gefahr für die Informations- und Meinungsfreiheit». Der Bundesrat selber schreibt dazu lediglich, dass Internetsperren so ausgestaltet werden sollen, dass Overblocking «möglichst vermieden» wird.
Auch die Herausgabe von Kundenidentitäten durch die Provider an Kläger von Urheberrechtsverletzungen bewertet das ISOC-CH kritisch: Einerseits «wissen Provider oft nicht, wer auf die Dienste überhaupt zugreift», andererseits können vireninfizierte Computer von «unbedarften Nutzern» dazu missbraucht werden, Urheberrechtsverletzungen zu begehen.
Dies alles führe zu einer «Kriminalisierung von unbescholtenen Bürgern», ist sich das ISOC-CH sicher. Als Ursache des Übels wurde die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe Urheberrecht (AGUR12) ausgemacht: «Das Gremium war nicht repräsentativ, da wichtige Stakeholder nicht eingeladen wurden. Dies dürfte mit ein Grund sein für die Mängel im aktuellen Gesetzesvorschlag.»