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Montag
08.04.2013

Der Verband der Schweizer Regionalfernsehen, Telesuisse, hat Ende Woche angekündigt, die Daten aus dem neuen TV-Panel nicht zu akzeptieren. Das Messsystem sei mangelhaft und bedrohe die Sender durch einen «nicht erklärbaren, massiven Rückgang der Zuschauerzahlen» in ihrer wirtschaftlichen Existenz, so die Begründung.

Wie Telesuisse am Wochenende auf Nachfrage des Klein Reports präzisierte, seien praktisch alle konzessionierten Regionalfernsehen von dem Rückgang betroffen, wobei die Unterschiede bei den Ratings bis über 70 Prozent betragen würden.

Ein zweiter Kritikpunkt von Telesuisse ist, dass die Werte bei den Regionalsendern stark schwanken: «Bei der Einführung der technischen Zuschauermessung hatte man den Sendern versprochen, dass sie Daten erhalten, die ein exaktes Bild des Sehverhaltens ergeben und damit Rückschlüsse für die Programmplanung und -gestaltung erlauben. Heute sehen wir: Die Werte schwanken bei den Regionalsendern von Tag zu Tag um mehrere 100 Prozent - das lässt keinerlei sinnvolle Rückschlüsse auf einzelne Sendungen zu», so der Verband gegenüber dem Klein Report. Daran sehe man eben, dass es ein System für die grossen Sender, «für die SRG», sei.

Welche Gründe hinter den Rückgängen und den Schwankungen stehen, wüsste man beim Verband selbst gerne, doch lieferten auch die beiden Expertisen keine Antwort darauf. «Die Experten verstecken sich hinter der wenig nützlichen Feststellung, dass man die Zahlen der beiden Systeme eben nicht vergleichen dürfe. Das ist doch weltfremd, selbstverständlich werden die Zahlen verglichen, ob wir nun wollen oder nicht», so ein Verbandsmitglied gegenüber dem Klein Report.

Auch stünden die Werte «in krassem Widerspruch zu mehreren repräsentativen Befragungen», welche die Sender durchführen liessen, um die Kantar-Werte zu prüfen. Dabei würden die Zuschauerzahlen aus den Befragungen «um ein Mehrfaches über denen des neuen Messsystems liegen». Daraus folgert Telesuisse: «Die neuen Zahlen können unmöglich stimmen, offensichtlich besteht also ein Problem bei der Messung in den kleinräumigen Konzessionsgebieten.»

Umso irritierender ist, dass die am Freitag publizierten Quoten der SRG-Sender sehr ähnliche Werte aufweisen wie die des alten Systems. Wie wäre demnach eine grössere Verschiebung bei den Privaten überhaupt zu erklären?, wollte der Klein Report von Telesuisse wissen, der sich dieselbe Frage stellt: «Wenn das neue System wirklich nur eine `neue Währung` wäre, die nicht mit der alten zu vergleichen ist - weshalb sehen wir dann bei der SRG keine Veränderung, aber bei Regionalsendern umso mehr? Wir wissen es nicht, die Experten auch nicht», doch sei es nicht die Aufgabe des Verbandes, den Fehler im System zu finden.

Die Verbandsmitglieder seien «sehr enttäuscht» von der Mediapulse und hätten in den vergangenen Monaten kaum Unterstützung gespürt. «Die Mediapulse hat ein sehr teures, neues System gekauft, das eigentlich nur den grossen Stationen dient - was auch ganz klar im Widerspruch zu ihrem gesetzlichen Auftrag steht», so Telesuisse. «Die neuen Zahlen stimmen nicht und sie schaden den konzessionierten Regionalfernsehen der Schweiz wirtschaftlich - deshalb sind wir gezwungen, die Verträge zum Messsystem Kantar zu kündigen und einen für uns und unsere Kunden besseren Weg zu suchen.»

Am Freitag wurde der Telesuisse-Vorstand von der ausserordentlichen Mitgliederversammlung mit der Prüfung alternativer Messsysteme beauftragt. Handelt es sich dabei um eine realistische Variante? «Wir prüfen alle Varianten: Von der Nutzung bereits bestehender Messsysteme oder Befragungen bis zur Einführung eigener, regelmässiger und selbstverständlich repräsentativer Zuschauerbefragungen», erklärte der Verband.

Gerade die Befragungsvariante hätte für die regionalen TV-Sender den Vorteil, dass nicht bloss Nutzerzahlen, sondern auch qualitative Aspekte befragt werden könnten. «Eine solche Variante ist realistisch, rasch umsetzbar und bezahlbar.» Doch würde Telesuisse auch mit Mediapulse nochmals das Gespräch suchen: «Vielleicht gibt es ja auch den Weg, die Nutzungsforschung in zwei Welten aufzuteilen: eine für die grossen, eine für die kleinen Sender», so Telesuisse gegenüber dem Klein Report.

Am 7.4.2013: Mediapulse gibt TV-Daten für Sender und Vermarkter frei