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Donnerstag
02.04.2020

Medien / Publizistik

Christoph Schütz hat an vorderster Front an der Revision mitgearbeitet... (Bild: zVg. / ©Christoph Schütz)

Christoph Schütz hat an vorderster Front an der Revision mitgearbeitet... (Bild: zVg. / ©Christoph Schütz)

Die Arbeit von Fotografinnen und Fotografen wird in der Schweiz ab dem 1. April besser geschützt: Mit dem Inkrafttreten des revidierten Urheberrechts wird der bestehende Schutz auf alle Fotografien ausgedehnt.

Neu fallen auch Bilder, die keinen «individuellen Charakter» haben, unter den Schutzbereich des Urheberrechtsgesetzes. Die Zeiten, in denen solche Aufnahmen ungefragt verwendet werden durften, sind damit vorbei.

Als Leiter der Arbeitsgruppe Lichtbildschutz hat Christoph Schütz an vorderster Front an der URG-Revision mitgewirkt. Im Interview mit dem Klein Report erklärt Schütz, was sich nun für Fotografinnen oder auch für Medien, die Bilder von Drittpersonen nutzen möchten, ändert.

Welche Änderungen erwarten Sie durch diese Ausweitung des Schutzbereiches in der Praxis?
Christoph Schütz: «Änderungen gibt es nur dort, wo Nutzerinnen und Nutzer bisher keine Erlaubnis für die Nutzung von Fotografien eingeholt haben: Sie können sich nicht mehr darauf berufen, dass eine Fotografie in der Schweiz eventuell gar nicht geschützt ist. Nichts ändert sich für den privaten Gebrauch, man darf also auch weiterhin eine Fotografie, die man im Internet findet, auf seinem privaten PC als Bildschirmhintergrund einsetzen oder das Bild ausdrucken und im Zimmer aufhängen.»

Was bedeutet die Gesetzesänderung für die Situation an den Gerichten?
Schütz: «Die bisherige Prüfung, ob eine Fotografie nun individuell gestaltet ist oder nicht, entfällt; alle Fotografien sind als Werke geschützt. Einzige Ausnahme sind Fotografien von nicht ‚dreidimensionalen Objekten’. Es ist der Kreativität der Anwälte überlassen, einen Richter davon zu überzeugen, dass in unserer Welt auch ein- oder zweidimensionale Objekte fotografiert werden können.»

Wie kommt die Änderung den Fotografinnen und Fotografen zugute?
Schütz: «Sie schafft vor allem Klarheit. Bisher haben die Fotografinnen und Fotografen stets darauf hingewiesen, dass alle ihre Fotografien urheberrechtlich geschützt seien, nur war das leider nicht wahr, und für etliche von ihnen war es eine schmerzliche Erfahrung feststellen zu müssen, dass das Resultat ihrer Arbeit ohne Erlaubnis von irgendjemandem für jeden beliebigen Zweck genutzt werden durfte. Damit es nun vorbei, jede Fotografie ist geschützt. Entsprechend einfacher wird für Fotografinnen und Fotografen auch die Durchsetzung von Ansprüchen sein, wenn Bilder unerlaubt genutzt werden.»

Wer ist dafür zuständig, dass der Schutz auch wirklich durchgesetzt wird?
Schütz: «Dafür sind die Gerichte zuständig, im Streitfall legen diese auch fest, wie viel für eine Nutzung geschuldet ist, sie richten sich dabei nach den branchenüblichen Tarifen, z.B. den Honorarempfehlungen der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Bildagenturen und -archive (SAB).»

Worauf müssen Medien oder andere Interessierte ab dem 1. April achten, wenn sie eine Fotografie einer Drittperson nutzen wollen?
Schütz
: «Sie klären vor einer Nutzung ab, wer das Bild gemacht hat und klären mit dem Rechteinhaber ab, zu welchen Bedingungen das Bild genutzt werden darf. Die Art der Verwendung sollte man spätestens auf der Rechnung schriftlich festhalten, damit für beide Parteien klar ist, für welche Nutzung bezahlt worden ist.»

Im Internet kursieren Millionen von Fotos, bei denen die Nutzerrechte nicht immer klar ersichtlich sind: Welche Aufnahmen sind geschützt, welche nicht?
Schütz: «Man sollte auch bei Bildern, die im Internet angeboten werden, immer davon ausgehen, dass sie urheberrechtlich geschützt sind. Oft können Fotografien jedoch für bestimmte Zwecke gratis genutzt werden. Wer sicher sein will, nicht plötzlich doch eine Rechnung zu erhalten, kommt nicht darum herum, entweder das ‚Kleingedruckte’ gut zu lesen oder im Zweifelsfall beim Anbieter das Einverständnis für eine Gratisnutzung einzuholen.»

Wie lautet die Regel für den Zweifelsfall, wenn nicht klar ist, ob es sich um eine geschützte Fotografie im Sinne des Gesetzes handelt?
Schütz: «Die Regel lautet – nicht nur im Zweifelsfall: Erst nutzen, wenn klar ist, dass man das auch darf, oder als Alternative: Sich selber als Fotografin oder Fotograf betätigen.»