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Mittwoch
29.01.2003

Unter dem Titel «Ethischer Journalismus» hat die «New York Times» ihren festen und freien Journalisten einen neuen Ehrenkodex vorgelegt - den strengsten der Welt notabene. Ausgearbeitet wurde das 53 Seiten starke Werk von William Schmidt, dem stellvertretenden Managing Editor, der schon bisher auf Anfragen, ob man das «Give-Away» nach einer Pressekonferenz annehmen dürfe, stets mit «Nein!» antwortete. Gemäss neuem Kodex dürfen die «New York Times»-Journalisten zwar Bücher veröffentlichen, nicht aber im Auftrag grosser Konzerne auftreten, es sei denn nach Absprache und ohne Honorar und wenn die Zeitung die Reisekosten übernimmt. Wie «Die Welt» am Mittwoch aus dem Werk zitiert, müssen Kulturredaktoren ihre Gemälde-Kollektion offenlegen, Autotester haben für das Testauto eine Mietgebühr zu zahlen und Reisejournalisten ihre Trips selbst zu bezahlen. Auszeichnungen von Unternehmen - mit stattlichem Preisgeld - sind gleich vorneweg mit dem im Dossier von William Schmidt integrierten Muster-Brief abzulehnen.

Heikel werde es, so die «Welt», wenn es um Liebesbeziehungen gehe: So müssen «romantische Beziehungen mit einer Quelle» umgehend offen gelegt werden. «Natürlich sagen wir den Leuten nicht, dass sie sich trennen müssen, aber im schlimmsten Fall muss der Journalist das Ressort wechseln», wird Schmidt in der «Welt» zitiert. Immerhin würden zarte Liebesbanden in Aussenbüros ferner Länder dann halt doch toleriert.