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Montag
17.06.2013

Nach seiner Krise vor zwei Jahren hat das Netzwerk Recherche wieder Tritt gefasst. Aber es ist noch nicht alles im Lot. Für den Klein Report kommentiert Publizist Roger Blum, emeritierter Professor für Medienwissenschaft.

Das Netzwerk Recherche ist eine der lebendigsten und interessantesten Journalistenorganisationen im deutschsprachigen Raum. Doch vor zwei Jahren geriet es in eine veritable Krise, weil der verdiente, seit zehn Jahren amtierende Vorsitzende Thomas Leif vom «Südwest-Rundfunk» allzu selbstherrlich und allzu intransparent zu agieren begonnen hatte. Es kam zu einem eigentlichen Putsch im Vorstand.

Epische Mitgliederversammlungen mit gegenseitigen Vorwürfen gingen über die Bühne. Neue Leute übernahmen die Führung. Unklarheiten in der Rechnungslegung mussten in Ordnung gebracht werden. Mittlerweile ist fast alles wieder im Lot. Der neue Vorsitzende Oliver Schröm vom Magazin «stern» agiert zusammen mit seinem Team zurückhaltend und bescheiden, aber effizient. Der Kurs ist klar: Man will mittelfristig eine Stiftung gründen. Und das Netzwerk gibt sich weiterhin nur mit höchster Qualität zufrieden.

So war denn die Jahreskonferenz in Hamburg eindrücklich wie eh und je - mit spannenden Themen und spannenden Personen auf allen Podien. Vor allem ist es dem Netzwerk gelungen, viele junge Journalistinnen und Journalisten einzubeziehen, die durch ihre Begeisterung für den Journalistenberuf und ihren Mut richtig ansteckend wirkten. Das Netzwerk hat zudem im Unterschied zu früher die Bedeutung der Recherche für den Lokaljournalismus erkannt und deren Methoden und Probleme an der Jahreskonferenz in vielen Workshops zum Thema gemacht.

Doch es störte, dass nicht alle Moderatoren wirklich fundiert vorbereitet waren. Es störte, dass sich einzelne Moderatoren im Ton oder im Stil vergriffen. Jakob Augstein, Verleger der Wochenzeitung «Freitag», leitete ein Podium über weibliche Chefs im Journalismus, auf dem ausschliesslich Frauen sassen, richtig herablassend und desinteressiert.

Kuno Haberbusch vom Norddeutschen Rundfunk, der die Konferenz zu einem wesentlichen Teil organisiert hatte und als Hauptmoderator auftrat, machte immer wieder unpassende, ja diskriminierende Bemerkungen. Das waren Mängel und Misstöne. Wenn das Netzwerk Recherche höchste Qualität bieten will, dann müsste es in dieser Hinsicht noch professioneller werden.

Jahreskonferenz des Netzwerks Recherche in Hamburg: 100 Debatten zum Traumberuf Journalismus
Am 13.11.2011: Neuer Vorstand beim Netzwerk Recherche
Am 4.7.2011: Doppelte Blösse des Netzwerks Recherche