Von den zehn grössten börsennotierten Schweizer Unternehmen wecken zurzeit vor allem Nestlé, Credit Suisse und UBS die Aufmerksamkeit der deutschen Wirtschaftsredaktoren. Der Beachtungsgrad hängt vor allem ab vom Bezug der Unternehmen zu Deutschland sowie von deren Bedeutung für globale Trends oder für deutsche Mitbewerber.
Dies ergab eine erstmals durchgeführte Umfrage des deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts Dr. Doeblin im Auftrag der Schweizer Kommunikationsagentur Communicators. 100 Redaktoren nahmen an der Umfrage teil, wovon sich momentan 31 für keine der grössten Schweizer Publikumsgesellschaften interessieren. Die übrigen 69 Medienschaffenden verfolgen zurzeit im Durchschnitt zwei bis drei der Schweizer Top Ten.
Für rund 50 von 100 deutschen Wirtschaftsredaktoren ist der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé ein geläufiger Begriff. Das konsumorientierte Unternehmen mit bedeutendem Deutschland-Geschäft weist viele thematische Bezugspunkte auf.
Von Kaffeeinnovationen wie Nespresso und andere Produkte, über die attraktive Dividende bis hin zum baldigen 200. Geburtstag des deutschen Firmengründers Heinrich Nestlé wurden viele Themen genannt, die für die deutsche Berichterstattung Belang haben. Auch sensible Aspekte wie Genfood, Wassereffizienz und Kinderarbeit wurden erwähnt.
Ganz andere Aufhänger bieten den deutschen Medien die Schweizer Grossbanken Credit Suisse und UBS. Diese werden immerhin von jeweils 36 Prozent der deutschen Wirtschaftsjournalisten verfolgt.
Hier geht es insbesondere um Branchenaspekte wie die seit Jahren schwelenden Schwarzgelddiskussionen sowie die damit zusammenhängenden spektakulären deutschen Datenkäufe, Ermittlungen und Hausdurchsuchungen. Zudem werden Themen aufgenommen, die auch für deutsche Banken von Bedeutung sind. Stichwörter dazu sind: Finanzkrise, Bankenregulierung, Eigenkapitalausstattung sowie US-Vereinbarungen.
Etwas weniger Beachtung finden die kunden- und investmentorientierten Leistungen der Schweizer Banken wie Anlagemöglichkeiten oder Börsenrelevanz. Unternehmensspezifische Aspekte werden nur selten behandelt: So machte der Wechsel von Helene von Roeder von Morgan Stanley zu CS Deutschland Schlagzeilen. Bei der UBS war es der Prozess um gescheiterte Geschäfte mit den Leipziger Wasserwerken KWL.
Aber auch Schweizer Unternehmen, die gerade in keine Ermittlungen verwickelt sind und keine Massenkonsumgüter produzieren, finden bei deutschen Medien Resonanz. Dies, sofern ein regionaler oder ein gesellschaftlicher Bezug vorhanden ist. Sowohl beim Pharmakonzern Novartis (18 Nennungen) als auch bei der Industriegruppe ABB (6) wurde auf ein Werk im nahmen Umkreis verwiesen.
Novartis bekämpft ausserdem weit verbreitete Krankheiten, ABB ist in Bezug auf Innovationen im Energiebereich von Relevanz. Erstaunlich ist, dass Roche nur halb so viele Nennungen erfuhr wie Novartis, obwohl Deutschland weltweit die zweitwichtigste Länderorganisation des Roche-Konzerns bildet.
Unter den zehn grössten Schweizer Publikumsgesellschaften befinden sich auch zwei Versicherer. Swiss Re, genannt von zwölf Prozent der Befragten, war aufgrund ihrer Konkurrenz zu einem deutschen Rückversicherer im Fokus. Zurich fand noch bei sechs Prozent der Medienschaffenden Aufmerksamkeit. Auch hier ist die deutsche Präsenz ausschlaggebend, wobei der Suizid des Zurich-Finanzchefs in Deutschland ebenfalls mediales Echo fand.
Der Luxusgüterkonzern Richemont fand trotz weltbekannter Konsummarken wie Cartier, Piaget, IWC und Montblanc keine einzige Erwähnung. Dies dürfte wohl darauf zurückzuführen sein, dass der Brand Richemont und die Standorte in Deutschland einen weit geringeren Bekanntheitsgrad aufweisen als die Produkte selbst, kein direkt vergleichbarer deutscher Konkurrent existiert und kein Skandal zu Schlagzeilen animiert.