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Freitag
11.02.2011

Im Februar 2010 mit viel Tamtam angekündigt, erscheint der «Nebelspalter-Extra» zwölf Monate später bereits nicht mehr. Chefredaktor Marco Ratschiller erklärte am Donnerstag gegenüber dem Klein Report, warum die «Tücke der MACH-Werte» dazu geführt hat, dass der «Nebelspalter» per sofort nur noch zehn statt 20 Mal pro Jahr erscheint, sämtliche 16-seitigen «Extra»-Nummern also gestrichen wurden.  

Klein Report: Warum haben Sie den «Nebelspalter-Extra» wieder eingestellt?
Marco Ratschiller: Der «Nebelspalter-Extra» ist bei der Leserschaft sehr gut angekommen: Als bekömmliche, 16-seitige «Zwischenverpflegung» zwischen den Hauptausgaben hat sie uns nur gute bis euphorische Rückmeldungen beschert. Dennoch führten hauptsächlich drei Gründe zum Strategiewechsel.
Grund Nummer eins ist die Tücke der MACH-Werte: Der «Nebelspalter» weist gegenwärtig gemäss MACH 2010/2 254 000 Leser aus. Die Steigerung von insgesamt zehn auf 20 Ausgaben, also die gleichzeitige Herausgabe von zehn Hauptheften und zehn «Nebelspalter Extras», hätte sich spätestens ab 2011 in der Erhebungslogik der WEMF negativ ausgewirkt: Die ausgewiesene Gesamtleserschaft wäre dramatisch gesunken, obwohl das bei einer doppelten Erscheinungsfrequenz und Auflagen von bis zu 80 000 Exemplaren (beim «Extra», einschliesslich neuen Verteilkanälen) eigentlich gar nicht möglich ist. Mit Rücksicht auf unser wachsendes, elementar von MACH-Werten abhängiges Anzeigengeschäft waren wir gezwungen zu handeln. Eine vorübergehende Reichweitendelle bei der MACH ist aber wohl trotzdem zu erwarten.

Klein Report: Welche anderen beiden Gründe führten zur Einstellung?
Ratschiller: Einerseits die Verwechslungsgefahr. Der «Nebelspalter Extra» hatte in seiner Doppelfunktion als Mehrleistung gegenüber den Abonnenten UND als Marketinginstrument einen spezifischen Nachteil. Trotz gestalterischen Massnahmen und zahlreichen Hinweisen in jedem «Extra» tendierte ein Teil der umworbenen Neuleser dazu, die kleine «Zwischennummer» für das eigentliche Hauptheft zu halten, was sich auf dem Hintergrund unseres Abo-Pricings negativ aufs Image auswirken konnte.
Andererseits haben das Aufkommen von hochauflösenden Smartphone-Displays, iPad & Co und die jüngsten Zahlen zur Internetanbindung Schweizer Haushalte (auch bei über 60-Jährigen) selbst uns als bildlastiges Medium dazu bewogen, unsere Strategie vom Printausbau in den Onlinebereich zu verlegen - wo, nebenbei bemerkt, nicht zwei Drittel der Gesamtkosten in Druck und Vetrieb aufgehen. Der «Nebelspalter Extra» verschwindet also nicht, er «zügelt» in Netz, das uns die Möglichkeit bietet, nicht nur zweiwöchentlich, sondern tages- und stundenaktuell auf Ereignisse zu reagieren.

Klein Report: Kommen Sie Lesern entgegen, die den «Nebelspalter» gerade auch wegen des «Extras» abonniert haben?
Ratschiller: Der «Nebelspalter Extra» wurde den Abonnenten 2010 als kostenlose Extraleistung  geliefert, die nicht im Einzelverkauf erhältlich war. Die Abopreiserhöhung Ende 2009 hatte nach zehn Jahren ohne Preisanpassungen bei gestiegenen Papier- und Druckkosten notabene andere Ursachen und war nicht an den «Extra» geknüpft. Weder alte noch neue Abonnenten werden die redaktionelle «Extra»-Leistung verlieren: Sie wird lediglich vom Print in den Onlinebereich umgelenkt. Der grosse Rücklauf an Vorregistrierungen für den Onlinebereich lässt darauf schliessen, dass die Mehrheit der Leser diesen Schritt nachvollziehen kann.

Klein Report:  Wie umfangreich wird die Onlinepräsenz sein?
Ratschiller: Ab März werden wir die exklusiv im Web veröffentlichten Inhalte hochschrauben mit täglich mehreren Postings, dies in Zusammenarbeit mit Cartoonisten und Autoren, die unmittelbar auf Aktuelles reagieren. Im April/Mai folgt in Zusammenarbeit mit Vadian.net ein Redesign/Relaunch der Website an sich. Für Abonnenten mit einem «noch eher analogen Leserhythmus» werden schliesslich unsere Onlineartikel ab März/April als «Best of»-E-Paper aufbereitet und zum kostenlosen Download angeboten. Dies im gewohnten «Nebelspalter Extra»-Look und einschliesslich einiger Beiträge, die nur im E-Paper erscheinen. Bis zur Jahresmitte sollte dieses Angebot auch als App (iPad/Android) verfügbar sein.
 
Klein Report: Wie viele Leser und Abonnementen hat der «Nebelspalter» derzeit?
Ratschiller: Die MACH 2010/2 weist 254 000 Leser auf.  Die gedruckte Auflage beträgt 21 000 Exemplare, die beglaubigte verkaufte Auflage 13 698 Exemplare (Sommer 2010).

Klein Report: Wie erfolgreich ist derzeit das Anzeigengeschäft?
Ratschiller: Nach den Professionalisierungsschritten im Anzeigenverkauf konnte der Anzeigenumsatz 2010 verdoppelt werden. Die bisherige Entwicklung im 2011 lässt erwarten, dass es in diesem Jahr in eine ähnliche Richtung läuft.