Bundesrätin Doris Leuthard fand am Mittwoch während der Sommersession in Bern, es sei zu früh, dass sich der Bundesrat zum Thema Netzneutralität positioniert. Der Nationalrat war bei diesem Thema jedoch anderer Ansicht und überwies die Motion «Gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität» vom Grünen-Politiker Balthasar Glättli.
«Wir müssen dafür kämpfen, dass das Internet ein offener Raum bleibt, ein offener Raum im Sinne der Meinungsäusserungsfreiheit», sagte Glättli im Nationalrat. «Im Sinne der Informationsfreiheit soll man sich von allen möglichen Quellen ohne Beeinflussung durch den Provider diejenigen Informationen suchen können dürfen, die man suchen will.»
Es gebe heute keine Vorschrift, in den AGB einen sofortigen Wechsel zu ermöglichen, wenn ein Kunde sehe, dass der Provider die Netzneutralität nicht mehr garantiere. Für kommerzielle Anbieter bestünde zudem keine Möglichkeit, sich in rechtlich genügender Weise rasch den Zugang zu Kunden eines bestimmten Internet-Access-Providers freizuklagen.
Damit werde das Prinzip hinfällig, «dass man keine Erlaubnis für Innovation braucht, dass man keine Erlaubnis braucht, seine Inhalte anzubieten, solange sie legal sind, dass man keine Erlaubnis braucht, um diesen riesigen Markt der Ideen und der Dienstleistungen zu nutzen».
Doris Leuthard hielt Glättli entgegen, dass auch die USA oder die EU noch keine vernünftige Lösung gefunden hätten. «Wir lehnen die Motion im Moment ab», so Leuthard. «Nicht weil wir der Meinung wären, wir müssten nicht eine Position hierzu finden, sondern weil wir eben an den Vorbereitungsarbeiten sind.» Noch dieses Jahr werde der Bericht des Bundesrates zum Fernmeldemarkt herausgegeben.
Die «im Vergleich zu anderen Staaten vielleicht zögerliche Haltung» sei «erklärbar und adäquat», weil festgestellt worden sei, dass es wenige Anwendungsbeispiele gebe, bei welchen gewisse Interessengruppen diskriminiert worden wären oder ein Verstoss gegen die Netzneutralität vorliegen würde. «Zuerst müssen wir jetzt definieren, von was wir reden und was die Schweiz in diesem sehr globalen Internet-Access-Problem überhaupt tun kann», so die Bundesrätin.
Der Nationalrat goutierte die abwartende Haltung der Regierung allerdings nicht. Der Rat stimmte der Motion von Glättli deutlich mit 111 zu 61 Stimmen (bei 18 Enthaltungen) zu.