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Donnerstag
18.03.2021

Werbung

Nationalrätin Yvonne Feri trieb die Debatte auf die Spitze: «Wollen wir eine gesunde Bevölkerung oder eine gesunde Werbebranche?» (Bild © Parlamentsdienste)

Nationalrätin Yvonne Feri trieb die Debatte auf die Spitze: «Wollen wir eine gesunde Bevölkerung oder eine gesunde Werbebranche?» (Bild © Parlamentsdienste)

Hoch zu und her ging es am Mittwoch im Nationalrat. In einer hitzigen Debatte stellte sich eine bürgerliche Mehrheit gegen eine Volksinitiative, die faktisch ein totales Werbeverbot für Tabakwaren verlangt.

2019 hatten mehrere Gesundheits-, Jugend- und Sportorganisationen die Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» lanciert. Sie fordert ein Verbot für Tabakwerbung, die Kinder oder Jugendliche «erreicht», so die offen gehaltene Formulierung. Faktisch liefe dies auf ein totales Werbeverbot hinaus.

Ein Werbeverbot für ein an sich legales Produkt greife zu sehr in die Wirtschaftsfreiheit ein, argumentierte Mitte-Nationalrat Lorenz Hess in der Debatte am Mittwochvormittag. «Es braucht für einen echten Jugendschutz nicht das Radikalverbot», sagte Hess im Namen der Mehrheit der vorberatenden Kommission.

«Auch wenn man ein Gefährdungspotenzial von Raucherwaren anerkennt, ist es nicht zwingend, sämtliche Prinzipien einer liberalen Wirtschaftsordnung auszuschalten», sagte FDP-Nationalrätin Regine Sauter.

Als Raucher fühle man sich geradezu «geächtet, ausgestossen, gebrandmarkt», gab SVP-Nationalrat Andreas Glarner noch eins obendrauf und fragte, welche Gruppe «als Nächstes dran» sei. Auf ein so weitgehendes Verbot von Tabakwerbung könnten auch Verbote für Fleisch, Alk oder Gümmibärchen folgen, warnte Glarner.

Die Ratslinke dagegen stellte den Jugendschutz ins Zentrum. SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen erinnerte daran, dass jedes Jahr 9500 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben. Die meisten Menschen, die mit 20 Jahren noch nicht rauchten, würden auch später die Finger von den Zigis lassen. Daher müsse man Kinder und Jugendliche gut vor Werbung schützen.

Aber auch wirtschaftliche Argumente kamen bei der Linken zum Zug. Der grünliberale Nationalrat Michel Matter bezifferte die volkswirtschaftlichen Folgekosten des Tabakkonsums auf 5,6 Milliarden Franken.

Matter, der Vizepräsident der Dachorganisation der Schweizer Ärzte (FMH) ist, erinnerte an die Schlagzeilen, als die Schweizer Covid-Todesfälle vor Kurzem die Schwelle zu 10‘000 überschritten. Genauso dramatisch sei, dass Jahr für Jahr ebenso viele Menschen an den Folgen des Rauchens sterben würden.

Yvonne Feri von der SP bezeichnete ein flächendeckendes Verbot von Tabakwerbung als die «grösste jemals getroffene Sparmassnahme für das Gesundheitswesen» und trieb die Debatte auf die Spitze: «Was wollen wir nun, eine gesunde Bevölkerung oder eine gesunde Werbebranche?»

Zurzeit ist Tabakwerbung in der Schweiz nur in Radio und Fernsehen verboten. Alle anderen europäischen Länder verbieten Werbung für Tabakprodukte in Printmedien. Neben der Schweiz erlaubt in Europa nur Bulgarien Tabakwerbung auf Plakaten. 

Allerdings gibt es in mehreren Kantonen Werbeverbote, die weiter gehen als jene des Bundes.