Der Nationalrat hat sich für ein «Opting-out» bei den Fernsehabgaben ausgesprochen. Das heisst, dass private Haushalte auch nach der RTVG-Revision von der Abgabenpflicht befreit werden können, wenn sie keine Empfangsgeräte besitzen. Diese Möglichkeit soll gemäss dem Nationalrat allerdings nur bis fünf Jahre nach Einführung des neuen Gesetzes bestehen.
SVP-Nationalrätin Natalie Rickli war mit ihren Vorschlägen, die die Haushalte langfristig von der Pflicht befreit hätte, abgeblitzt. Sie hatte unter anderem beantragt, dass Privathaushalte sowohl aus persönlichen Gründen als auch wegen fehlendem Empfangsgerät von der Abgabe befreit werden können.
Schliesslich setzte sich aber der Antrag von FDP-Nationalrat Kurt Fluri durch. Darin heisst es nun nur, dass Haushalte ohne Empfangsgerät befreit werden sollen. Und dies mit einer Einschränkung: «Die Abgabebefreiung endet fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, ab welchem nach Artikel 109b Absatz 1 die Abgabe erhoben wird.» Fluris Antrag setzte sich mit 103 gegen 73 Stimmen durch.
Wer keine Abgaben bezahlt, aber dennoch über ein Gerät verfügt, muss laut Fluris Änderungsvorschlag 5000 Franken Busse bezahlen. In seinem Antrag heisst es zudem, dass das Bakom die Räumlichkeiten eines befreiten Haushalts betreten kann, um zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Befreiung gegeben sind.
Gar nicht vom «Opting-out» befreit werden dagegen die Unternehmen. Der Entscheid fiel allerdings um einiges knapper aus. Hinter diesem Antrag standen FDP-Nationalrat Peter Schilliger und GLP-Nationalrat Jürg Grossen.
«Eine Unternehmensabgabe widerspricht dem neuen System einer (orts-) und geräteunabhängigen Abgabe ohne `Opting-out` und ist deshalb grundsätzlich abzulehnen», argumentierte Grossen. «Unternehmer/-innen wie auch Angestellte zahlen mit der Haushaltsabgabe bereits als Privatperson eine Abgabe, mit der sie Radio und Fernsehen überall und auf unterschiedlichsten Geräten konsumieren können, dazu muss auch der Arbeitsort gehören. Die Unternehmensabgabe ist somit faktisch eine Doppelbezahlung.»
Grossen stellte zudem den Nutzen der Abgabe für Unternehmen infrage. «Bei einer Streichung der Unternehmensabgabe bleibt die Haushaltsabgabe in etwa auf dem heutigen Niveau, jedoch werden die Unternehmen und die ESTV finanziell und administrativ stark entlastet», heisst es in seinem Antrag. Die Eintreibung der Unternehmensabgabe durch die ESTV solle total «nur» 0,2 der insgesamt 1,3 Milliarden Franken einbringen.
Bundesrätin Doris Leuthard zeigte zwar Verständnis über die «Opting-out»-Diskussion. «Aber hier befinden wir uns eben im Service-public-Bereich, in einem Bereich, wo es wirklich staatlich gewollt so ist, dass wir Leistungen für alle in diesem Land bereitstellen, egal ob der Einzelne sie nutzt oder nicht», sagte sie.
«`Opting-out` würde bedeuten, dass wir auch die Nachteile der heutigen geräteabhängigen Gebühr in das neue System übernehmen», so Leuthard. «Sie schaffen zwar dann vielleicht eben für 20 000 Haushalte (...) ein bisschen mehr Gerechtigkeit, aber die anderen Zighundertausend strafen Sie ab, weil Sie das ja irgendwo über die Höhe der Gebühr auffangen müssen. Als Resultat dieser Ausnahmebestimmungen haben Sie somit eben das Weiterführen der geräteabhängigen Lösung, und das ist ja genau das, was man heute als nicht mehr zeitgerecht erachtet.»
Die Anträge von Grossen und Schilliger zur Befreiung der Unternehmen von den Abgaben wurden schliesslich bei einem Stimmverhältnis von 92 zu 92 Stimmen vom Präsidenten mit einem Stichentscheid abgelehnt.
Bereits enttäuscht vom Entscheid des Nationalrates, dass Unternehmen ab einem Umsatz von 500 000 Franken zur Kasse gebeten werden, zeigte sich der Schweizerische Gewerbeverband (SGV). «Mit der beschlossenen Abgabepflicht von Unternehmen wird eine unzulässige und generelle Doppelbesteuerung angestrebt», teilte der Verband mit. Der SGV lehne neue Steuern, Abgaben und Gebühren für Unternehmen ab.