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Freitag
04.07.2003

Die Pressevielfalt in der Schweiz soll nicht länger nur mit verbilligten Posttaxen gefördert werden. Eine Nationalratskommission schlägt einen Verfassungsartikel vor, der auch direkte Subventionen ermöglichen würde. Der Nationalrat wird die Vorlage seiner Staatspolitischen Kommission (SPK) für einen Medienartikel voraussichtlich in der Herbstsession beraten. Die SPK wagt sich ins Plenum, nachdem das Echo in der Vernehmlassung zwar durchzogen, aber doch überwiegend positiv ausgefallen ist.

Neu soll die Medienpolitik eine ausdrückliche Verfassungsgrundlage erhalten, die zielgenauere Massnahmen erlaubt. Der von der SPK vorgeschlagene Artikel 93a BV hat folgenden Wortlaut: «Der Bund fördert die Vielfalt und die Unabhängigkeit der Medien. Er anerkennt dabei die Bedeutung der Medien für die demokratische Meinungsbildung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.» Der Verfassungsartikel ermöglicht es, die indirekte Förderung durch die direkte Subventionierung von Presseerzeugnissen abzulösen, welche bestimmte Kriterien erfüllen. Zusammen mit dem Radio- und TV-Artikel bildet er laut SPK die Grundlage einer zusammenhängende Medienpolitik aus staatspolitischer Sicht.

Umgesetzt werden könnte der Artikel dereinst in einem «Medienvielfaltsgesetz». Bei den Kriterien für eine finanzielle Unterstützung sei die Pressefreiheit zu beachten, hält die SPK in ihrem Bericht ans Plenum jetzt schon fest: «Es geht in keiner Weise und nicht im Entferntesten um eine staatliche Kontrolle der Medien, sondern um den Erhalt der Pressevielfalt.» Nach Auskunft der SPK lässt es die neue Verfassungsbestimmung im Übrigen zu, gewissen Presseerzeugnissen mit gemeinnützigem oder kulturellem Zweck weiterhin Transportvergünstigungen zukommen zu lassen, wenn die Kriterien einer direkten Subvention nicht erfüllt sind. Solche Abgeltungen erhielten ein verfassungsrechtliches Dach.

Ein erster Anlauf der SPK zu einem Medienartikel war 1999 in der Vernehmlassung noch auf grosse Skepsis gestossen. Die neue Vorlage fand nun in der Konsultation eine deutlich bessere Aufnahme. Eine Mehrheit teilt die Meinung, dass den Monopolisierungstendenzen insbesondere im regionalen Pressewesen begegnet werden muss. Grundsätzlich begrüsst wurde der Verfassungsartikel von 16 Kantonsregierungen, von CVP, SP, EVP und Grünen, mit Vorbehalt auch von der FDP und den Liberalen. Auch die Vertreter der elektronischen Medien, kleine Verlage, die Gewerkschaften, die Non-Profit-Organisationen, die Konsumentenorganisationen (mit Vorbehalten), die Medienwissenschaft und die Post stimmten zu.

Negativ reagierten insbesondere der Verband Schweizer Presse und mehrere ihm angeschlossene Verlage, weil sie sich um die Unabhängigkeit der Medien sorgen. Auch fünf Kantone, die SVP und die Unternehmerverbände winkten ab.