Schätzungen vermuten, dass 90 Prozent aller Daten erst in den letzten zwei Jahren erfasst worden sind. Der Schweizer Nationalfonds (SNF) startet jetzt ein Forschungsprogramm, das Big Data unter die Lupe nimmt. Im Fokus des NFP 75 stehen neue Anwendungen und die ethischen und juristischen Fragen, die sie aufwerfen.
Entscheidend sei, «dass die Politik und die Justiz in der Lage sind, Gesetze und Verordnungen schnell anzupassen, damit wir Big Data effektiv und ohne negative Folgen nutzen können», äusserte sich Christian S. Jensen, Präsident der Leitungsgruppe des NFP 75, am Dienstag gegenüber den Medien.
172 Anträge hat der Nationalfonds gelesen und 36 Projekte ausgesiebt, die das Phänomen der schier endlosen Datenmengen und ihre Nutzung unter die Lupe nehmen. Involviert in die Breitspurforschung sind 15 Hochschulen in der Schweiz.
Die Titel auf der langen Projektliste gruppieren sich um drei Hauptstränge: Informationstechnologen entwickeln neue Instrumente für die Datenanalyse. Soziologen, Ethiker und Juristen gehen den gesellschaftlichen und juristischen Probleme nach, die im Zusammenhang mit Big Data entstehen. Und im Tandem mit der Wirtschaft und dem öffentlichen Sektor entwickeln Forschende massgeschneiderte Anwendungen.
Zum Beispiel das Projekt «Big Brother in Schweizer Unternehmen?», das an der Uni St. Gallen angesiedelt ist: Es fragt nach Fluch und Segen von Datenanalysetools in den Personalabteilungen von Unternehmen: Bis zu welchem Punkt können sie die Arbeitsleistungen der Mitarbeiter transparenter erfassen und wann schlägt Leistungskontrolle in Vertrauensverlust um?
In einem anderen Projekt, das der Uni Basel angegliedert ist, werden die rechtlichen Herausforderungen von Big Data am Bespiel des «intelligenten Verkehrs» untersucht. Wem gehören zum Beispiel Daten, die von selbstfahrenden Autos stammen? Wer darf solche Daten verkaufen, welche Rolle spielt der Datenschutz, und können sie als Beweismittel in Strafverfahren verwendet werden?
Weitere Projekte versprechen Verbesserungen bei den Cloud-Rechnern, im Verkehr, bei Wetterprognosen, in der Energienutzung oder Intensivmedizin. Kaum ein Thema scheint es zu geben, das nicht auch mit Big Data aufgerollt werden könnte.
Und doch: Keines der 36 Projekte fokussiert auf Big Data in Journalismus und Medien, wie es am kürzlich geschaffenen ETH-Zentrum für Medientechnologie unter anderem Thema ist, wie der Klein Report berichtet hat.
Erste Resultate liegen 2019 vor, die Forschungsarbeiten sollen 2021 beendet sein. Das Fazit liegt laut SNF 2022 auf dem Tisch.