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Donnerstag
05.07.2012

Eine nicht genannte Bundesbehörde will der Schweizerischen Depeschenagentur (sda) keine Mitteilungen mit Sperrfristen mehr schicken. Dies, nachdem sich ein Journalist bei der Behörde beklagt habe, die sda erziele daraus einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Medien. Darüber sei die sda-Redaktion unlängst durch ein Kadermitglied der betreffenden Behörde informiert worden, heisst es im aktuellen Newsletter der sda.

«Dieser Vorwurf widerspiegelt in keiner Weise die Realität», schreibt der stellvertretende Chefredaktor der Nachrichtenagentur, Winfried Kösters, im eigenen Newsletter, denn zwischen der sda als Grossistin und anderen Schweizer Medien bestehe «kein Konkurrenzverhältnis», da die sda «per definitionem als Nachrichtenagentur im Dienste der Schweizer Medien» stehe und keinen Kunden direkt beliefere, behauptet er.

«Vor diesem Hintergrund», so Kösters, «wird klar, dass die sda keinerlei Nutzen aus Sperrfristen zieht»; diese dienten ausschliesslich «der guten Vorbereitung»: «Die Redaktion hat dank der Sperrfristen genügend Zeit, sich in komplexe Dossiers einzuarbeiten.» Das trage zur Qualität der Berichterstattung bei, was wiederum den Kunden der sda zugute komme, erläutert Kösters, um in seinem Fazit nachzuschieben: «Die sda erhält in der Regel nicht exklusiv Informationen mit Sperrfrist. Sie strebt nicht nach Exklusivität.» Dies habe man auch dem Kadermitglied der Bundesbehörde geantwortet.

Die hier angetönte Praxis, der einzigen Schweizer Nachrichtenagentur Informationen vorab mit Sperrfrist zukommen zu lassen, ist für den Klein Report irritierend. «Sämtliche Informationen müssen grundsätzlich allen Medien gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden», so ist es im Leitbild der Konferenz der Informationsdienste (KID) zur Information und Kommunikation von Bundesrat und Bundesverwaltung festgeschrieben. Denn es geht ja eben um die «gute Vorbereitung» - und zwar für alle. Das Wort «grundsätzlich» lässt sich aber bekanntlich verschieden lesen, als «ausnahmslos» und als «eigentlich, in der Regel».

Noch irritierender aber ist die von Winfried Kösters vertretene Marktauffassung. Zur Erinnerung: Die Depeschenagentur ist ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen im Besitz ihrer Kunden, den Schweizer Verlegern, deren grösste Aktionärin aktuell Tamedia ist (per 31.12.2011: 28,3 % des Aktienkapitals), gefolgt von NZZ und SRG (11,4 % bzw. 10 %). Aus dieser Ausgangslage zu schliessen, zwischen der gewinnorientierten sda und anderen Medien bestünde kein Konkurrenzverhältnis, ist gewagt. Und selbst wenn die sda-Aktionäre den ganzen Medienmarkt abbilden würden, bleibt fraglich, ob ein Agenturzwang zur Qualität des Journalismus beiträgt.

Dass man eben doch Marktteilnehmer ist, scheint man jedoch auch bei der sda zu wissen, gegen die im Zusammenhang mit der Übernahme und Schliessung ihrer einzigen Konkurrentin, der AP Schweiz, im Jahr 2010 aktuell ein Verfahren der Weko wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung läuft. Und so wird im selben Newsletter eine alte Idee aufgewärmt, wenn sda-Chefredaktor Bernard Maissen zum Thema Presseförderung durch den Bund schreibt: «Offener sind die Medien, wenn es um indirekte Förderung geht. Und hier könnte die sda ins Spiel kommen. Wenn der Staat, ohne die inhaltliche Unabhängigkeit der sda zu tangieren, die Service-public-Leistungen der nationalen Nachrichtenagentur abgelten würde, könnten alle profitieren.»

Nicht zuletzt, meint der Klein Report, die Monopolistin sda und ihre Hauptaktionäre!