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Dienstag
08.12.2009

Medien / Publizistik

Was lief nur schief punkto Minarette, punkto Libyen, punkto Bundesrat? Die Medien überschlagen sich mit Antworten und Ratschlägen: Der Bundesrat hat zu wenig kommuniziert oder der Bundesrat hat den Kontakt zum Volk verloren oder Sachverhalte wurden nicht klar genug ausgedrückt - und so fort. Alles wahr und halbwahr, belegt die Politologin Regula Stämpfli in ihrer Kolumne für den Klein Report. Nur logisch: «Wer überhaupt nicht oder falsch entscheidet, hat auch nichts oder eben nur Falsches zu kommunizieren.»

Die Schweiz füllt derzeit weltweit die Schlagzeilen und die Mailboxen der Experten und Expertinnen. Fassungslos stehen wir alle da: Befürworter und Gegner der Minarett-Initiative gleichermassen. Denn nun müsste der international bewegende Volksentscheid von unserer Regierung kommuniziert werden. Aber die wusste von Anfang an nicht, was sie tat und weiss folglich auch nicht, was gelaufen ist. Geschweige denn warum.

Organisierte Verantwortungslosigkeit nenne ich diese Art Regierungsform. Und schlecht organisierte dazu. Seit Jahren versuche ich den Journalistinnen und Journalisten am Medienausbildungszentrum MAZ beizubringen, dass unsere Demokratie sich nicht nur mit Mehrheiten und Nachplappern konstituiert, sondern ganz konkret auf drei Säulen steht: Volk, Föderalismus und Rechtsstaat. Ganz offensichtlich tue ich dies mit wenig Erfolg. Doch wenn dies selbst der Bundesrat in corpore nicht versteht, dann erstaunt nichts. Schliesslich würde der endlich ersetzte, aber noch immer nicht zurückgetretene Alt-Bundespräsident und Wieder-Bundesrat Merz ja auch alles genauso wieder tun, was er im Jahr 2009 angerichtet hat. Aber Vorsicht: Beim nächsten Mal sind wir pleite.

Eine Regierung, die für eine Bank den eigenen Rechtsstaat opfert, eine Regierung, die in einer Kamikaze-Aktion für Hunderttausende von Franken zuerst einen Bundespräsidenten nach Tripolis und dann Gepäck von Tripolis ein- und ausfliegen lässt, nur um zwei Schweizer Bürger endgültig ins Verderben eines Diktatorenstaats zu jagen, eine Regierung, die mit diesem Wüstenstaat zudem einen Schweizer Recht brechenden Vertrag abschliesst, nur um ihn dann, Monate später, zu kündigen, respektive zu sistieren, eine Regierung, die eine Initiative zulässt, die nicht nur das Völkerrecht, sondern auch den eigenen Föderalismus und die eigene Verfassung verletzt - ja eine solche Regierung hat nichts zu kommunizieren - ausser Neuwahlen.

Da sie dies im Rahmen des schweizerischen Rechts nicht tun kann, tut sie es nicht. Dabei: Rechtsbrüche sind ja offensichtlich im Jahr 2009 nicht nur Regierungspolitik, sondern werden als demokratisch verkauft. Der Ausnahmestaat wird nun Demokratie genannt und alle Experten nicken willfährig. Doch zu Neuwahlen wird es nicht reichen. Bis zu einer Bürokratie-Diktatur schon eher. Aber nie bis zum Rücktritt von zwei, drei, vier Bundesräten.

So viel zum lächerlichen Prinzip Hoffnung. Punkto Kommunikation lässt sich also nur Folgendes festhalten: Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es. Das kommuniziert sich auch selbst. Deshalb ahnen wir mit Schrecken, was 2010 wiederum Schlagzeilen machen wird: Der Bundesrat hat schlecht kommuniziert. NEIN. Er hat nur schlecht regiert, kaum agiert und falsch reagiert.