«Ich werde kritische Fragen stellen», kündigte Roger Schawinski am Montagabend zu Beginn seiner Talkshow gegenüber seinem Gast Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), an. Und so liess er einen Hundemaulkorb, den SRG-Generaldirektor Roger de Weck laut Bigler seinen Journalisten bezüglich Billag verpasst habe, demonstrativ unter dem Tisch verschwinden: «Erlauben Sie mir, wenn ich heute den Maulkorb ablege», sagte er sich pseudoformal vom Staatssender abgrenzend.
Schawinski versuchte Bigler mehrmals anhand seiner früheren Aussagen und Argumente, die er an seinem Bildschirm präsentierte, vorzuführen. Unter anderem kritisierte er die Aussage des Verbands, dass die Gebühren in den letzten 20 Jahren um 64 Prozent gestiegen seien. Gemäss Bakom bezog sich diese Erhöhung aber auf die letzten 25 Jahre. Hans-Ulrich Bigler blieb ruhig. Dem SGV sei es mit diesen Zahlen darum gegangen, den starken Gebührentrend gegen oben aufzuzeigen.
«Es war mit direkten und harten Fragen zu rechnen», sagte Bigler am Dienstag gegenüber dem Klein Report. «Ich erhielt die Möglichkeit, diese ebenso klar zu beantworten, auch wenn das Konzept von Herrn Schawinski klar darauf ausgelegt war, bei der Diskussion über die neue Billag-Mediensteuer die Behauptungen der SRG-Spitze und der Medienministerin zu stützen.»
Schawinski hatte permanent einen schnellen Finger an seinem «Falsch»-Knopf, mit dem er die Aussagen seiner Gäste, die am Bildschirm erscheinen, jeweils abstempelt. Der ewige Radiopirat gebärdetet sich in der eigenen Sendung ausgerechnet als Retter der Ehre der SRG und des Bundesrates. Schawinski vor den eigenen Karren zu spannen, war ein kluger Schachzug der SRG, genauso wie dem SRG-Kritiker eine Talksendung zu geben. Nur allzu plump verbreitet nun einer der ehemals schärfsten und auch übelsten Kritiker der SRG seine Liebe für die Billag-Gebühren.
Der SGV-Chef wiederum nahm die Fragen aber gelassen. Konsterniert schaute er erst, als Schawinski sagte, viele KMUs seien Schwarzseher, sonst würden längst mehr Gebührengelder fliessen. «Wollen Sie das Gewerbe als Gauner bezeichnen? Das können Sie doch nicht einfach behaupten, wo sind die Beweise», nahm ihm Bigler den Wind aus den Segeln. Diese Unterstellung habe ihn etwas befremdet, sagte Bigler später dem Klein Report. Bei einer so harten Anschuldigung erwarte er von einem professionellen Journalisten Beweise.
Nachdem es Schawinski nicht schaffte, den SGV-Chef mit seinen Argumenten für die RTVG-Revision aus der Ruhe zu bringen, versuchte er die Person Bigler zu demontieren: «Geht es Ihnen mit dem Referendum um ihre persönliche Karriere?», stichelte er und zielte auf die Nationalratskandidatur seines Gastes ab. «Über das Referendum habe ich doch nicht selbst entschieden. Dahinter steht der Verband», antwortete Bigler kopfschüttelnd.
Im Grossen und Ganzen fühlte sich Bigler aber fair behandelt, meinte er am Dienstag gegenüber dem Klein Report: «Ich erwartete keine Streicheleinheiten und erwarte diese auch künftig nicht. Die entscheidenden Punkte müssen angesprochen werden. Das war beim Schawinski-Talk das erste Mal der Fall. Und das ist gut. Die Journalistinnen und Journalisten dürfen sich nicht von den Chefs in den Teppichetagen einseifen und instrumentalisieren lassen.»
So richtig bissig waren die Fragen von Schawinski aber auch bei den persönlichen Angriffen nicht. Er fragte etwas unmotiviert und zu routiniert, seine Streitlust wirkte gespielt. So war es für Bigler ein Leichtes, die Sicht des Gewerbeverbandes ins Spiel zu bringen.
Er wolle unbedingt wieder in einer SRF-Sendung zum Thema Billag-Gebühren auftreten, so Biglers Fazit. «Um einen fairen Abstimmungskampf führen und der demokratischen Meinungsbildung gerecht werden zu können, muss der Staatssender auch die Argumente der Gegner der neuen Billag-Mediensteuer aufnehmen.»