Walter Roderer ist in der Nacht auf Dienstag im Alter von 91 Jahren an seinem Wohnort in Illnau-Effretikon verstorben. Mit Roderer geht der letzte grosse Volksschauspieler seiner Generation, vielleicht der grösste überhaupt. Allein in seiner Paraderolle als «Mustergatte» hat «Rodi» 1288 Mal auf der Bühne gestanden; sein bekanntester Film, «Ein Schweizer Namens Nötzli» ist bis heute eine der meistgespielten Kinoproduktionen des Landes.
Walter Roderer war ein Mann der Gegensätze und einer, der gern und oft und bis ins hohe Alter polarisierte. Er gab den typischen Schweizer Bünzli, fuhr jedoch mit Vorliebe in einem grünen Bentley durchs Land. Er studierte Griechisch (weil er Pfarrer werden wollte) und brillierte später fast nur noch in St. Galler-Deutsch. Er begann seine Karriere am Zürcher Schauspielhaus und wurde ein Star auf der Boulevardbühne. Er war auch in Deutschland erfolgreich (Dudu-Filmreihe), engagierte sich jedoch mit Vehemenz gegen den EWR-Beitritt der Schweiz.
Roderers liebstes Genre war aber weder die Bühnenkomödie noch der Kinofilm, sondern das Kabarett. Er begann im legendären Cabaret Fédéral und arbeitete über 20 Jahre lang intensiv mit Autor Werner Wollenberger zusammen. «Wissen Sie mir keinen guten Texter? Es gibt keine guten Kabaretttexter mehr!», sagte er nach Wollenbergers Tod einmal im Gespräch mit dem Klein Report.
Dass Roderer auch ein guter Geschäftsmann war, zeichnete sich bereits 1957 ab, als er sein eigenes Tourneetheater gründete; Hunderttausende von Schweizern haben «Charleys Tante», «Der verkaufte Grossvater» oder «Der Mustergatte» gesehen.
Erst über 70-jährig, 1993, zog sich Roderer vom aktiven Schauspielerleben zurück, blieb jedoch weiterhin in den Schweizer Medien präsent, sei es 2005 durch seine späte, dritte Heirat mit der um 60 Jahre jüngeren Nichte Anina Stancu, durch sein feuriges Engagement für die SVP oder die Bekanntgabe, dass er der Sterbehilfeorganisation «Exit» beigetreten sei.
Roderer ist in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Data Base ebenso zu finden wie im Historischen Lexikon der Schweiz. An seinem Wohnort Illnau wurde eine Strasse nach ihm benannt (Walter-Roderer-Weg), und 2010 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Prix Walo ausgezeichnet.