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Montag
25.10.2010

«Warum es sich rächt, Bürger für dumm zu halten.» Das war die Überschrift eines Kommentars von Martin Spieler auf der Frontseite der «Handelszeitung» vom 9. Juni dieses Jahres. Der damalige Chefredaktor unterstützte darin die Pläne von Trybol-Chef Thomas Minder, der zwei Jahre nach der Lancierung seiner «Abzocker-Initiative» immer noch auf die Volksabstimmung über sein Begehren wartet und deshalb gleich eine weitere Initiative lancieren möchte, nämlich eine, die diesen politischen Prozess beschleunigen soll.

Das Wirtschaftsblatt titelte im Juni auf der Frontseite: «Minder plant neue Initiative», Unterzeile: «Tempo - Der Vater der Abzocker-Initiative will, dass Initiativen innerhalb eines Jahres vors Volk kommen.» Redaktor René Sollberger erklärte in seinem weiterführenden Artikel mit dem Titel «Abzocker-Schreck lässt nicht nach», weshalb der Unternehmer befürchtet, seine «Abzocker-Initiative» komme erst nach den eidgenössischen Wahlen 2011 vors Volk.

Etwas über vier Monate später kamen Minders damalige Ideen aber doch noch vors Volk! Genauer vors (Leserschafts-)Volk der «SonntagsZeitung». Dieses Mal zeichnete Martin Spieler nebst Denis von Burg für den Text der Titelgeschichte verantwortlich. Die hiess am letzten Sonntag, dem 24. Oktober 2010: «Volksbegehren sollen innert eines Jahres an die Urne», Unterzeile: «Neue Initiative von Managerschreck Minder will Bundesbern Dampf machen.»

Auf Anfrage des Klein Reports am Montag sagte René Sollberger von der «Handelszeitung»: «Zuerst dachte ich: Super, die sind drangeblieben, jetzt hat der Minder wohl seine neue Initiative tatsächlich eingereicht. Aber beim Lesen merkte ich, dass noch nichts Neues zu vermelden ist. Es ist immer noch offen, wann und ob er überhaupt ein neues Volksbegehren lanciert.»

Die «Handelszeitung» hatte die Geschichte damals in der Folgewoche weitergezogen - mit positiven Reaktionen aus der Bevölkerung und eher kritischen aus der Politik.

Martin Spieler widerspricht der Aussage klar, es handle sich um die gleiche Geschichte: «Natürlich ist die Basis die gleiche, die Geschichte vom letzten Sonntag beinhaltet aber deutlich mehr Einordnung ins politische Spektrum», so der heutige Chefredaktor der «SonntagsZeitung» gegenüber dem Klein Report. «Wir haben ja sehr sauber darauf hingewiesen und wörtlich auf der Frontseite erwähnt, dass Minder damit frühere Pläne konkretisiert. Auch für Thomas Minder ist die Idee heute viel präziser, fortgeschrittener, als die Story damals in der `HandelsZeitung`.»

Spieler wies darauf hin, dass er die Minder-Geschichte im Juni eng begleitet und auch kommentiert habe. «Ich kann mich ja schlecht selber zitieren», sagte er schmunzelnd gegenüber dem Klein Report.

Von Thomas Minder, den Journalisten und dem Stand der jeweiligen Initiativen wird man also schneller wieder hören, als die politischen Mühlen mahlen.