Es ist schon fast Tradition, wenn Hedy Graber, Leiterin Direktion Kultur und Soziales, im Rahmen der Solothurner Filmtage über den Schweizer Dokfilm-Wettbewerb orientiert. 1957 wurde das Kulturprozent in den Migros-Statuten verankert. Seit 1965 wird damit Schweizer Filmschaffen gefördert, 2002 wurde die Förderung der Postproduktion integriert.
Vor zwei Jahren ist ein Dokfilm-Wettbewerb lanciert worden. Der Gewinner des zweiten Wettbewerbs wurde nun in Solothurn bekannt gegeben. Es ist der engagierte Filmer Eric Bergkraut mit seinem Projekt «Gasthaus Helvetia», der dem Thema «Freiheit - eine Herausforderung», im letzten Jahr von der Migros vorgegeben, gerecht zu werden versucht.
In den drei Landesteilen nimmt Bergkraut drei Gasthöfe, Wirtschaften, Beizen aufs Korn. An diesen ganz gewöhnlichen Orten der Begegnungen, des Austausches, der Diskussion möchte er die Freiheit im Kleinen, im Mikrokosmos, die Freiheit und ihre Grenzen ausloten. Jurypräsidentin Graber bemerkte dazu: «Die Globalisierung mit ihren Auswirkungen auf die Menschen hat positive Aspekte, geht jedoch gleichzeitig mit einem kulturellen Verlust einher.» Vor diesem Hintergrund erwartet sie ein spannendes Projekt. Der zur Produktionsreife entwickelte Film kann nun realisiert und im April 2013 an den Visions du Réel in Nyon uraufgeführt werden.
Die Produktionskosten übernehmen SRG SSR und das Migros-Kulturprozent. Um welche Summen es sich dabei handelt, wollte der Klein Report wissen. Doch die Migros-Vertreterinnen Graber und Nicole Hess, Projektleiterin Film, verweigerten die Antwort und halten die Subventionssumme unter Verschluss. So viel ist jedoch bekannt: Aus dem Förderpaket der Migros (1 Prozent des Umsatzes) kommen ca. 25 bis 35 Millionen Franken jährlich dem Schweizer Filmschaffen zugute, ein Teil davon eben dem Dokfilm-Wettbewerb.
Das Themenspektrum für den 3. Dokfilm-Wettbewerb 2012/13 ist definiert, es schliesst sich quasi ans vorgängige Thema an. «Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut», formulierte einst der griechische Staatsmann Perikles, und auf das grosse Philosophen-Wort bezog sich auch Hedy Graber in ihrem Votum. Unter dem Titel «Mut? Mut!» wurde der aktuelle Wettbewerb lanciert. Gesucht werden dabei «filmische Ideen aus dem alltäglichen, sozialen, politischen, ökonomischen Umfeld - kurz dem globalisierten Lebenskontext in der Schweiz» (Migros-Kulturprozent).
Wie bisher wird der neue Wettbewerb in zwei Stufen durchgeführt. Eingabeschluss für die 1. Runde ist der 1. Juni. Die besten Eingaben werden am Filmfestival Locarno bekannt gegeben. Maximal fünf Projekte werden mit Hilfe des Migros-Kulturprozents zur Produktionsreife entwickelt, die sich dann für eine 2. Runde (Abgabe: 7. Dezember) qualifizieren können. Der Sieger kann dann - wie jetzt Eric Bergkraut sein «Gasthaus Helvetia» - seinen Film realisieren.
Für einen witzig-musischen Schlusspunkt an dieser Orientierungsveranstaltung in Solothurn sorgte der Slam-Poet Kilian Ziegler. Seine Art, über Mut zu sinnieren und zu schwadronieren, zu dichten und zu verdichten, Wortspiegelungen und Wortkaskaden zu produzieren, hatte poetische Extraklasse.