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Samstag
16.04.2016

Medien / Publizistik

Die Rache des Erdogan: Nachdem Kanzlerin Angela Merkel am Freitag einem Antrag der Türkei stattgegeben hat, drohen dem Satiriker Jan Böhmermann für sein «Schmähgedicht» über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan im schlimmsten Fall bis zu drei Jahren Gefängnis.

«Im Rechtsstaat ist es nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, das Persönlichkeitsrecht und andere Belange gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen», befand Merkel in ihrer Erklärung vom Freitag.

Dazu widersprüchlich kündigte die Kanzlerin in Berlin an, dass Paragraph 103 des deutschen Strafgesetzbuches - und somit die Grundlage für die Klage gegen Böhmermann - «nicht mehr zeitgemäss» sei und deshalb noch in dieser Legislaturperiode abgeschafft werden soll.

Bei der Prüfung des Antrags zur Strafverfolgung aus der Türkei kam es zu einer Patt-Situation, weshalb Merkel schlussendlich den Stichentscheid hatte. Die SPD-Minister Frank-Walter Steinmeier und Heiko Maas - beide wurden überstimmt - äusserten sich in der Folge kritisch gegen den Entscheid: «Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit sind höchste Schutzgüter unserer Verfassung», befanden sie.

Derweil schaltet sich auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisch ein. Der DJV-Vorsitzende Frank Überall findet die Entscheidung der Regierung schlichtweg «absurd», wie er gegenüber der dpa-Nachrichtenagentur sagte. «Die Kanzlerin hat zwar betont, wie wichtig ihr Meinung-, Kunst- und Pressefreiheit seien - allein mir fehlt der Glaube», sagte Überall.

Noch weiter ging das ZDF und verteidigte seinen TV-Moderator, die Zustimmung zum Strafverfahren sei «eine politische Entscheidung», so der Sender. Merkel begründete ihre Entscheidung auch damit, dass «die Türkei und Deutschland freundschaftlich verbunden» seien.