Die politische Polarisierung zeigt sich im Zeitungswesen in Deutschland im Stil. Während der FAZ-Frühdenker im «Newsletter für Deutschland» auf sicherheits- und europapolitische Informationen setzt, fokussiert die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) auf Entertainment, Gesundheitstipps und innenpolitische Panikmache.
Allein der Unterschied in der Wortwahl ist frappierend: Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) berichtet wohltuend neutral, die «Süddeutsche» setzt auf Emotionalisierung. Die Schlagzeile «EU-Kommission plant Schulden für die Ukraine» der FAZ bedient das bürgerliche Publikum, die «Operation Wiederaufbau» der SZ weckt Assoziationen zum Marshall-Plan für Deutschland nach dem Krieg. «Erdogan erpresst die Nato», kommentiert die SZ den Umstand, «Was die Türkei gegen Schweden und Finnland hat», wie dies die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» erklärt.
Panikmache der SZ auch beim Thema Gas: «Wir sollten uns vorsorglich auf eine Gas-Mangellage einstellen», während die FAZ titelt: «So sieht der Gasnotfallplan im Detail aus.»
Das «Spiegel online»-Portal, das lange Zeit informationsführend war, bringt den Fund eines fünfjährigen toten Mädchens in einem See in Brandenburg, berichtet über Anouschka Renzi und ihre Geldsorgen und hat eine kleine Meldung zu Nestlé über die Babymilch-Lieferungsengpässe in den USA.
Auch die Schlagzeile «Ich erhielt Drohungen, dass mein Kind in Stücke geschnitten würde» aus Mariupol wäre noch vor zehn Jahren nie auf dem Einstiegsportal des renommierten Magazins «Der Spiegel» gestanden. Skandalisierung steht generell hoch im Kurs beim «Spiegel» und erklärt wohl zum Teil auch die Anti-Medien-Haltung der Generation «Boomer».
Der Klein Report stellt nach einer kurzen Stichprobe fest: Die Entpolitisierung der Berichterstattung zugunsten einer Emotionalisierung und Personalisierung ist bei der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» noch nicht so weit fortgeschritten wie bei anderen Medien.