65 bis 76 Prozent des albanischen Print-, TV- und Radio-Publikums werden von Medien erreicht, deren Eigentümer politische Interessen haben, wie die Recherchen von zwei Journalistenorganisationen zeigen. Um sich vor einer Kündigung zu schützen, machen viele der befragten Journalisten Gebrauch von der Schere im Kopf.
Zum Beispiel die Medieneigentümerfamilie Hoxha: Ihr gehört mit der Top Media Group das grösste Medienunternehmen des Balkanstaates. Ihr landesweiter Fernsehsender Top Channel wird seit Kurzem von dem langjährigen Politiker Ben Blushi geleitet.
Und die Mediengruppe ist der «Hauptprofiteur» einer Ende März 2017 vom Parlament beschlossenen Kompensationszahlung in Höhe von insgesamt fünf Millionen Euro, mit der Medienunternehmen für die geplante Abschaltung der analogen Verbreitungswege entschädigt werden sollen, wie in dem Media Ownership Monitor steht, den das Investigativ-Netzwerk BIRN Albania zusammen mit Reporter ohne Grenzen (ROG) erarbeitet haben. Die Ergebnisse ihrer dreimonatigen Recherche stellten die Organisationen am Freitag ins Netz.
«Infolge des Drucks durch Medieneigentümer mit politischen oder wirtschaftlichen Interessen sehen sich viele Journalisten in Albanien zu Selbstzensur gezwungen», steht im Monitor-Bericht weiter. So bezeichneten in einer Umfrage etwa 80 Prozent der teilnehmenden Journalisten ihre Stellen als unsicher. Und meinten, dass sie von der Schere im Kopf gebrauch machten, um sich vor einer Kündigung zu wappnen.
Die Politisierung der Eigentümer ist verbunden mit einer zunehmenden Medienkonzentration. Besonders ausgeprägt ist sie im kommerziellen Digital-Fernsehen: Drei von fünf Sendelizenzen sind in den Händen einer einzigen Familie. Die Aufsichtsbehörden hätten bei der Lizenzvergabe «eklatant versagt», monieren die beiden Journalistenorganisationen.
Ähnlich «klumpig» ist schart sich das Publikum beim Radio um ein paar wenige Medienbesitzer. Nur bei den Print-Medien bescheinigt der Bericht Albanien eine «mittlere Konzentration»: Die vier führende Eigentümer kontrollieren auf Papier «nur» 43 Prozent der Leseranteile.
Die Ergebnisse zerstörten «den Mythos, dass die albanischen Medien trotz aller Unzulänglichkeiten eine Vielzahl von Sichtweisen präsentieren», kommentierte die Geschäftsführerin von BIRN Albania, Kristina Voko, die Ergebnisse der Recherche.