Unter dem Titel «Verliert Journalismus an Relevanz?» meldet sich die Eidgenössische Medienkommission (Emek) zu Wort.
In einem zwölfseitigen Bericht werden die «Ergebnisse der Tischgespräche», an denen 20 Personen aus dem «Berufsfeld Journalismus» teilgenommen haben, präsentiert.
Digitalisierung, Plattformisierung und Algorithmisierung veränderten den Journalismus, heisst es eingangs zum Thema «Setting Digitalisierung». «Ebenso gerät er zunehmend unter Druck, nicht nur aus wirtschaftlicher Perspektive, sondern auch, weil er vermehrt mit para-journalistischen Angeboten von Akteuren aus Politik und Wirtschaft um die Aufmerksamkeit der Publika kämpfen muss.»
Auch soziale Medien böten alternative Thematisierungs-, Vermittlungs- und Bewertungskanäle an, die einen vereinfachten Zugang zur Öffentlichkeit ermöglichten. Journalismus verliere an Deutungsmacht und riskiere zu einer Stimme unter vielen zu werden.
Sinkende politische und kulturelle Relevanz, in Kombination mit populistischen Tendenzen, Hassreden und mehr, hätten auch Auswirkungen auf die Attraktivität der journalistischen Profession.
Die Folgen des Reichweitenverlustes journalistischer Medien seien sinkende Einnahmen aus dem Werbe- und Publikumsmarkt. Und mit der generativen künstlichen Intelligenz (KI) gäbe es eine weitere Herausforderung für den Journalismus, heisst es im am Montag publizierten Bericht. Die Anwendung von KI fordere das Vertrauen in die journalistische Arbeit heraus, «und damit auch ihrer gesellschaftlichen Bedeutung».
Deshalb hat sich die Medienkommission «vertieft mit der gesellschaftlichen Relevanz des Journalismus beschäftigt und sich die Frage gestellt, ob diese abnimmt, und falls ja, warum und wie diesem drohenden Relevanzverlust entgegengewirkt werden kann».
Forscherinnen der Universität Neuchâtel haben die letzten zehn Jahren wissenschaftliche Publikationen (inkl. Forschungsberichte und graue Literatur) mit Schwerpunkt Westeuropa und Nordamerika gesichtet.
Ein Hauptresultat des Forschungsüberblicks zur Frage der Relevanz respektive des Relevanzverlustes von Journalismus für Gesellschaft und Demokratie im Kontext der Digitalisierung zeigte in der Literaturrecherche «kein eindeutiges Resultat bezüglich einer Abnahme an gesellschaftlicher Relevanz von Journalismus», so der Bericht. Die Studien gingen aber praktisch nie auf das Konzept der «Relevanz» ein, sondern widmeten sich Teilaspekten, moniert die Emek.
So sieht sie das Thema «Relevanz» deshalb bei den Teilaspekten. Hier gebe «die differenzierte Analyse durchaus signifikante Hinweise, dass die Relevanz von Journalismus abnimmt». Vertrauen sei dabei eine wichtige Dimension. «So zeigen verschiedene Forschungsergebnisse, dass sich das Publikum von Medien und Medienschaffenden distanziert und den Medien weniger Vertrauen entgegenbringt.»
Die Gründe des Vertrauens- und Relevanzverlustes seien vielfältig. «Zentral und quasi als übergeordneter Faktor hat der Einsatz digitaler Technologien wie zum Beispiel Algorithmen oder künstlicher Intelligenz in den Redaktionen eine erhebliche Auswirkung auf die Wahrnehmung, das Vertrauen und die Einschätzung von Journalismus.»
Die unreflektierte Digitalisierung führe zu einer Abnahme der Relevanz von Journalismus. Soziale Medien und weitere Angebote bieten Möglichkeiten, sich zu informieren und werden auch als alternative Nachrichtenquelle verwendet. Ungeachtet ihrer Qualität schmälern diese Angebote die Relevanz der «klassischen» journalistischen Arbeit, heisst es in dem Bericht.
Vertrauensverlust, news fatigue – sogenannte «Nachrichtenmüdigkeit» unter anderem aufgrund von Überforderung/Überlastung, ungenügende Kenntnisse des medialen Ökosystems und zu wenig Aufmerksamkeit des Publikums sowie wirtschaftlicher Druck und die Qualität und Präsentation der Informationen seien Gründe, die die Relevanz von Journalismus schwächen.