Abstimmungsverlierer reden Resultate stets mit ähnlichen Argumenten schön: Der Gegner hatte mehr Geld; seine Schlagworte waren falsch, aber eingängig; die Medien haben versagt. Diesmal gab es aber einen besonders üblen Ausrutscher.
Ein Kommentar für den Klein Report von Kolumnist Artur K. Vogel, Journalist und Schriftsteller.
Halb amüsiert, halb gelangweilt nimmt man die Reaktionen von Abstimmungsverlierern zur Kenntnis, so auch wieder nach diesem Wochenende.
Diesmal haben Bundesrat und Parlament alle drei Vorlagen erfolgreich ins Trockene gebracht, sowohl die «Lex Netflix» als auch die erweiterte Widerspruchslösung bei Organtransplantationen und, besonders deutlich mit 71.5 Prozent Ja-Stimmen, die verstärkte Zusammenarbeit mit der europäischen Grenzbehörde Frontex. Eine Ohrfeige für Bundesbern wie zum Beispiel bei der Medienförderung, die Mitte Februar krachend scheiterte, blieb diesmal aus.
Nicht der Jubel der Abstimmungssieger ist nach solchen Voten jeweils beachtlich, sondern die Ausflüchte, Beschwichtigungen, Beschönigungen, Trotzreaktionen und Gegenangriffe der Verlierer.
So mochte Verena Herzog, Thurgauer SVP-Nationalrätin, nicht einräumen, dass die gut 60 Prozent, die der Organspende-Vorlage zustimmten, eventuell einen vernünftigen Entscheid getroffen haben. Sie bedauerte viel mehr den «emotional geführten Abstimmungskampf» der Befürworter. Zudem hätten die Medien einseitig und zu wenig breit berichtet.
Noch viel deutlicher sagten die Abstimmenden Ja zum verstärkten Engagement der Schweiz bei der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex: Volle 71,5 Prozent waren dafür. Das ist das deutlichste Abstimmungsresultat der ganzen Legislaturperiode.
Und es ist eine Schlappe für die Linke, die das Referendum gegen die Vorlage ergriffen hatte: SP und Grüne erhielten bei den Nationalratswahlen 2019 zusammen genau 30 Prozent der Stimmen. Das heisst: Nicht einmal ihre eigene Basis folgte geschlossen den Parteiparolen, zumal auch einige SVPler gegen Frontex stimmten, weil sie prinzipiell gegen die Zusammenarbeit mit der EU sind und davon träumen, dass die Schweiz wieder ihre eigenen Grenzen dichtmacht.
Was aber nach der überdeutlichen Niederlage abging, hat eine neue Qualität der Beschimpfung erreicht: Das unterlegene Referendumskomitee qualifizierte die befürwortende Mehrheit, das heisst fast drei Viertel aller Stimmbürgerinnen und -bürger, die sich an die Urne bemüht hatten, kollektiv als Rassisten. Ein Agenturbild zeigt ein eilends zusammengeschustertes Plakat mit der Aufschrift «Dieses Resultat ist rassistisch» und dahinter ein gestikulierender Grünen-Präsident Balthasar Glättli.
Ich habe etwa hundert Länder bereist und dabei kein einziges gefunden, welches nicht den Anspruch erhöbe, die Zuwanderung zu kontrollieren. Einigen gelingt das nicht. So bin ich zum Beispiel einmal ohne Grenzkontrolle und mithin illegal in den Südsudan eingereist und danach nach Uganda. Doch der Südsudan ist nicht das Land, das einem als erstes in den Sinn kommt, wenn man sich Gedanken über ein allfälliges neues Domizil macht.
Wenn es rassistisch wäre, als Staat darüber bestimmen zu wollen, wer ins Land gelassen wird und wer nicht, dann wäre die ganze Welt ein einziger Hort von Rassisten – ausser natürlich den «woken» Roten und Grünen. Setzte sich gar die Bewegung «No nations, no borders» durch, von der in Bern ebenfalls Plakate zu sehen waren, würden Grenzen abgeschafft und die allumfassende Personenfreizügigkeit eingeführt. Innert Kurzem käme die halbe Welt nach Europa, wo der Platz alsbald eng würde.
Im Südsudan hingegen gäbe es dann zusätzlichen Lebensraum, und vielleicht erschiene eine Auswanderung dorthin plötzlich nicht mehr so abwegig.