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Mittwoch
25.06.2003

Anlässlich des 15. Medienforums in Köln gehen die Verlage der Frage nach, wie lange die aktuelle Krise anhalten wird. NRW-Direktor Norbert Schneider sieht bei etlichen noch immer die irrige Annahme, dass die sprichwörtlichen sieben mageren Jahre schon nach drei Jahren vorbei seien, «oder höchstens nach vier, jedenfalls spätestens nach fünf». Aber die Branchenkrise ist tiefer und länger als von vielen vermutet. Das stellte «Welt»-Chefredaktor Jan-Eric Peters fest. Fantasie, Einfallsreichtum und das In-Frage-Stellen bisheriger Selbstverständlichkeiten - diese Grundzüge fanden sich in vielen Foren und Gesprächsrunden beim Kölner Medientreff.

WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach prognostizierte, wenn sich der Anzeigenrückgang wie bisher fortsetze, sei in anderthalb Jahren jede Tageszeitung in einer bedrohlichen Lage. Dabei sind Teile der Krise hausgemacht. Etliche Verlage haben in Boom-Zeiten investiert und dazu Kredite aufgenommen, deren Zinsen und Tilgung ihnen jetzt bei sinkenden Einnahmen zu schaffen machen. Hombach und andere sehen in stärkerer Kooperation unter den Zeitungen eines Konzerns und auch unter Verlagen eine Möglichkeit, wieder zu wirtschaftlichem Erfolg zu kommen und damit auch journalistische Freiheit und unabhängigen Journalismus zu sichern. Hier sehen die Verleger den Gesetzgeber gefordert, die geltende Fusionskontrolle zu lockern.

Einer, der weniger klagen konnte als andere, ist «Spiegel»-Chefredakteur Stefan Aust. Weil die Hälfte des Unternehmens den Beschäftigten gehört, werden Gewinne ausgeschüttet und stehen in dieser Höhe nicht für Investitionen zur Verfügung. Dafür hat sich der Verlag aber auch nicht verschuldet, hat damit keinen Zinsdienst zu leisten und schreibt schwarze Zahlen. Wenn weniger Anzeigen geschaltet werden, wird das Heft dünner und einige der Journalisten mit anderen Aufgaben betraut, etwa einem Special. Ausserdem hat der Verlag früher als andere Fernsehproduktion und Internet entdeckt und journalistisch mit dem Magazin verzahnt. Die drei Pfeiler behindern sich nicht, sondern unterstützen sich gegenseitig, sagt Aust. Auch Anzeigengeschäft und Abonnement profitieren. So seien über Spiegel online 20 000 Nutzer zu «Spiegel»-Abonnenten geworden.