Die Schweiz und Luxemburg sind für Medien in anderen mehrsprachigen Ländern keine Modellfälle: Für die gesellschaftliche Identität sind Medien in der eigenen Sprache wichtig, wie Fachleute am Samstag an einer Tagung in Bern festhielten. Dabei trafen sich Tagungsteilnehmer aus Mazedonien, Moldavien, Serbien-Montenegro, Luxemburg und der Schweiz und diskutierten - laut einer Mitteilung der Organisatoren vom Sonntag - die Situation der Medien in ihren Ländern. Fazit: Dort gebe es jeweils Medien für alle Sprachgruppen, jedoch nur wenige mehrsprachige Medien.
Medien für sprachliche Minderheiten kämpfen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Diese Medien können nur bestehen, weil internationale Organisationen oder der Staat sie unterstützen. Einig waren sich die Fachleute, dass Medien in der eigenen Sprache für die gesellschaftliche Identität wichtig sind. Allerdings gebe es keine allgemein gültige Formel, wie Medien für Minderheiten zu organisieren sind. Weder die Schweiz noch Luxemburg können den Ländern in Osteuropa daher als Modelle dienen. Es braucht aus Sicht der Tagungsteilnehmer Zeit, bis sich eine funktionierende Zivilgesellschaft herausbildet.
Die Toleranz zwischen Sprachgruppen setze eine gesunde wirtschaftliche Grundlage voraus. Mehrsprachige Medien seien wünschenswert, befanden die Fachleute. Doch es brauche dazu ein mehrsprachiges Publikum oder eine gemischtsprachige Produktion mit getrennten Programmen oder Ausgaben. In der Schweiz etwa werden laut dem Medienwissenschaftler Roger Blum die Medien der Sprachminderheiten besser gestellt, als es ihrer Stärke entspricht. Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) räume aus staatspolitischen Gründen den rätoromanischen und italienischen Programmen mehr Mittel ein, als sie proportional zugute hätten. Auch die Schweizerische Depeschenagentur (sda) halte ihren italienischen Dienst für nur drei Tageszeitungen und die SRG aufrecht. Dennoch trügen die Medien der verschiedenen Schweizer Landesteile wenig zur Integration bei. Dies sei nicht zuletzt wegen der Vorherrschaft des Dialekts in den elektronischen Medien der Deutschschweiz der Fall.
Sonntag
30.03.2003