Die Schweiz hat ihren ersten Digitaltag hinter sich. Die involvierten Unternehmen, aber auch die beteiligten Medien haben dabei zum Teil ihre kritische Distanz zur Politik und zu staatsnahen Betrieben verloren. «Ringier und die SRG haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Für Reflexion war gestern wenig Raum», befand Andreas Häuptli, Geschäftsführer Verband Schweizer Medien, am Mittwoch gegenüber dem Klein Report.
Alleine Blick Online berichtete mit Dutzenden Artikeln und einer zwischenzeitlich eingerichteten Spezialbox über den Digitaltag. Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) war mit mehreren Moderatoren, Tonspezialisten und einem ganzen Kamerateam beim Zürcher Hauptbahnhof vor Ort und sendete den «Club» zum Thema «Genial digital?» ebenfalls live aus dem HB.
Was Blick Online und das SRF gemeinsam haben: Sie beide gehören zu Digitalswitzerland - derjenigen Initiative, die zusammen mit Doris Leuthard, der «Mutter des Digitaltages», wie der «Blick» schrieb, am Dienstag die «digitale Rakete Schweiz» startete.
Nicht mehr dabei ist hingegen Tamedia, was sich nicht nur quantitativ auf die Berichterstattung zum Digitaltag auswirkte. So waren am Mittwoch etwa bei der «Berner Zeitung» auch kritische Töne über die «gigantische Propagandashow» zu lesen. «Damit sicher alle mitbekommen, was am Digitalaltar der schönen neuen Computerwelt gepredigt wurde, sorgten SRF und Ringiers `Blick` für die flächendeckende Übertragung der Messe», schrieb die Zeitung aus der Bundesstadt.
Die problematische Nähe der Medien zum Bundesrat wurde im Artikel ebenfalls thematisiert. «Der Ringier-CEO strahlt am Digitaltag mit Leuthard um die Wette und weicht kaum von ihrer Seite», hiess es etwa. Kritische Töne, die wohl nur dadurch möglich waren, dass Tamedia im Sommer aus Digitalswitzerland ausgestiegen ist.
Ob Tamedia die Nähe zwischen Bundespräsidentin Leuthard, den teilnehmenden Grossunternehmen und den involvierten Medien als problematisch betrachtet, will Christoph Zimmer, Leiter Unternehmenskommunikation von Tamedia, nicht bestätigen. «Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe, die Motivation der einzelnen Partner des Digitaltages zu beurteilen», so Zimmer.
Tamedia unterstütze die Idee, sich mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Man sei aber zur Überzeugung gelangt, «dass wir uns als Medienhaus ausserhalb von Digitalswitzerland glaubwürdiger mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen können und waren aus diesem Grund auch am Digitaltag nicht dabei», so Zimmer.
Geht es nach Andreas Häuptli, so berichteten die Partner von Digitalswitzerland nur wenig reflektiert über den Digitaltag. So sei auch die Aussage von Doris Leuthard, wonach sich die SRG in den letzten zehn Jahren nicht gross ausgedehnt habe, falsch: «Von wegen kein Ausbau der SRG: Sie betreibt heute 236 Social Media Accounts, darunter 108 auf Facebook, 32 auf Instagram, 54 über Twitter und 42 auf Youtube. Zudem produziert sie unterdessen Web-Only-Serien», zählt Häuptli auf.