Direktlinks umgehen immer häufiger die Newsportale, die Tabletnutzung holt das Zeitungslesen ein und das Smartphone wird immer weniger fürs Telefonieren benutzt: Dies drei der Umfrageergebnisse des Media Use Index 2016, der am Dienstag von der Y&R Group Switzerland veröffentlicht worden ist.
«News-Medien verlieren ihre Titelseite» bringen die Autoren eines ihrer Ergebnisse auf eine alarmierende Formel. Die Beobachtung dahinter: Über alle drei Generationen hinweg gelangen inzwischen 31 Prozent der Leser von Online-Medien nicht mehr über die Portale zur einzelnen News, sondern über Hintertürchen: Via soziale Medien oder Push-Benachrichtigungen aufs Smartphone erfahren sie von der News und klicken sich direkt in die Story.
Damit werde sich auch die Front im Kampf um Aufmerksamkeit verlagern und «zwei neue Schlachtfelder» eröffnen, prophezeien die Autoren den Online-Zeitungen. Allerdings sind im Moment vor allem die «Digital Natives» stark für diesen Trend verantwortlich: Die 14- bis 29-Jährigen gelangen in 46 Prozent der Fälle durch die Hintertür direkt zur News, bei den «Digital Immigrants» (30- bis 54-Jährige) sind es dagegen nur 27 Prozent und bei den «Silver Surfern» (55- bis 69-Jährige) nur 24 Prozent.
Ein zweites Ergebnis der Studie, das bei den Zeitungsverlagen Stirnrunzeln auslösen könnte: Inzwischen greifen 50 Prozent der befragten Deutsch- und Westschweizer per Tablet aufs Internet zu. Gleich viele nehmen eine Tageszeitung in die Hand. «Trotzdem fliessen in der Schweiz immer noch 42 Prozent der Werbegelder in Printmedien und nur 11 Prozent in Onlinekanäle», bemerken die Autoren unter Berufung auf Daten von Media Focus.
Ins Auge sticht auf der Mediennutzungsgrafik aber auch: Die Kurve der Tageszeitungen hat sich nach der Talfahrt zwischen 2010 und 2013 in den letzten drei Jahren einigermassen stabilisiert - die Studienautoren sprechen von «stagnieren». Und umgekehrt flacht sich der zunächst steile Aufstieg der Internetnutzung auf dem Tablet zusehends ab. Hier scheint sich ein Potenzial zu erschöpfen.
Die Gratiszeitungen «stagnieren» im Vergleichszeitraum zwischen 2010 und 2016 bei rund 65 Prozent, leicht darüber hat sich das Radio eingependelt, nachdem es zwischen 2011 und 2013 etwas eingebüsst hatte. Als sichere Spitzenreiter bewegen sich die Kategorien TV gesamt und Internet per Computer seit 2010 um die 90-Prozent-Marke. Nicht nur an dieser Stelle wären Vergleichswerte vor 2010 aufschlussreich gewesen, um Moden von Trends zu trennen.
Seit 2010 unaufhaltsam auf steiler Bergfahrt ist die Nutzungskategorie Internet per Smartphon. Inzwischen surfen 86 Prozent der Befragten mit ihrem mobilen Gerätchen, 88 Prozent tun es am Computer. Bei der jungen Generation sind es sogar 96 Prozent, die übers Smartphon von unterwegs aufs Web zugreifen, bei der mittleren 88 Prozent und bei den «Silver Surfer» sind es auch schon 70 Prozent.
Dabei scheint das «Smart-Phone» seinen Namen nicht mehr recht verdient zu haben. «Smart-Messenger» wäre da schon ein passenderer Ausdruck: Nachrichten zu lesen oder zu schreiben ist bei allen drei Altersgruppen die wichtigste Nutzungsweise dieses handlichen Minicomputers. Häufig wird auch im Web gesurft oder es werden Emails geschrieben. Bei den Jüngsten findet sich «Telefonieren» gar nicht mehr unter den Top Five der Arten, wie sie das Smartphon nutzen.
Apropos «smart»: 54 Prozent der «Digital Natives» würden eher auf Alkohol im Ausgang verzichten als auf ihr Smartphone. 27 Prozent der «Digital Immigrants» wiederum würden sogar eher einen Monat auf Sex verzichten, als auf ihr mobiles Apparätchen.
Und zu guter Letzt bringen die Studienautoren noch «schlechte Nachrichten für die klassische Fernsehwerbung»: Bei der jungen Generation hat das Streaming mit 63 Prozent den klassischen Live-TV-Konsum mit 47 Prozent an der Spitze abgelöst. Gleichzeitig wird aber das zeitversetzte Fernsehschauen in dieser Altersklasse beliebter.
Das Konsumverhalten der Befragten der mittleren Generation blieb gegenüber dem vergangenen Jahr «in fast allen Bereichen konstant». Nur das Bedürfnis TV-Inhalte zu downloaden, nimmt wie auch bei den «Silver Surfern» ab – die besseren Streaming-Möglichkeiten schlagen hier durch.
Der Media Use Index untersucht das Mediennutzungs- und Informationsverhalten der Schweizer Bevölkerung. 2009 wurde er erstmals durch die Y&R Group Switzerland erhoben. Die Studienmacher haben 2000 Personen aus der Deutsch- und der Westschweiz online befragt.