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Montag
16.09.2024

Medien / Publizistik

«Noch vor einem Jahr waren unsere Studierenden der Diplomausbildung wegen des herrschenden Fachkräftemangels sehr gefragt.»       (Bild: zVg)

«Noch vor einem Jahr waren unsere Studierenden der Diplomausbildung wegen des herrschenden Fachkräftemangels sehr gefragt.» (Bild: zVg)

Die grossen Sparprogramme bei den Medien sorgen auch bei den Studierenden am MAZ in Luzern für Verunsicherung.

Im zweiten Teil des Gesprächs spricht der Klein Report mit Martina Fehr, CEO des Instituts für Journalismus und Kommunikation (MAZ), über den aktuellen Run auf digitale Recherchetechniken, die Subventionsgelder von Kanton und Bund sowie über das Klima der Verunsicherung, das die jüngsten Entlassungswellen der grossen Medienhäuser bei den Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern kreiert haben.

Wie haben sich die Zahlen bei den Journalismus-Studierenden am MAZ seit 2020, als Sie die Leitung übernommen haben, entwickelt?
Martina Fehr
: «Trotz des erheblichen Spardrucks in den Redaktionen bleibt die Nachfrage in der Grundausbildung stabil. Zu unserer grossen Freude meldeten sich vergangenen Herbst 42 Personen für die Aufnahmeprüfung in den Diplomstudiengang Journalismus (DAJ) an – so viele wie seit Jahren nicht mehr. Allerdings haben nicht alle die Prüfung bestanden. Besonders erfreulich ist, dass die Nachrichtenagentur Keystone-SDA ihr Volontariatsprogramm wieder aufgenommen hat. Sie schickt ihre Nachwuchskräfte aus der Deutschschweiz und dem Tessin ans MAZ, damit diese den 51-tägigen Zertifikatslehrgang Keystone-SDA-Nachrichtenjournalist/in absolvieren können.»

Wie hat sich die Nachfrage nach den neuen Angeboten entwickelt? Wo ist Leben drin?
Fehr: «Die Nachfrage nach massgeschneiderten Angeboten ist gestiegen. Im Journalismus handelt es sich um Kurse, die wir speziell für Redaktionen konzipieren und individuell auf deren Bedürfnisse zuschneiden. Einzigartig dabei ist die Weiterbildungsoffensive ‚Digitales Wissen‘ der NZZ. Seit Januar 2023 haben wir rund 260 Redaktorinnen und Redaktoren der NZZ geschult. Aufgrund der hohen Nachfrage startet Ende September die zweite Runde – es stehen neue digitale Recherchetools und KI-Werkzeuge im Fokus. Im Kommunikationsbereich bleiben Auftrittstrainings sowie Schreibkompetenz-Coachings sehr gefragt – letzteres trotz des Aufkommens von KI.»

Und welche Angebote sterben aus?
Martina Fehr: «Rückläufig hingegen sind die Bereiche Bildredaktion und Infografik, da hier zunehmend Arbeitsplätze in der Medienlandschaft verloren gehen. Eine grosse Unsicherheit ist, wie sich der einjährige Radio- und VJ-Lehrgang in der Grundausbildung entwickeln wird. Die Förderung für Aus- und Weiterbildung durch das Bundesamt für Kommunikation, die auf die letzte RTVG-Revision zurückgeht, läuft aus. In den letzten Jahren haben gebührenunterstützte Lokalradios und Regionalfernsehsender 80 Prozent der Kurskosten erstattet erhalten. Die parlamentarische Initiative Chassot, ‚Fördermassnahmen zugunsten der elektronischen Medien‘, die aktuell in der Vernehmlassung ist, ist für uns deshalb von hoher Wichtigkeit.»

Der Journalismus kriselt seit Jahren, der grossangelegte Stellenabbau bei Tamedia ist nur die jüngste Episode. Wo spüren Sie die Krise aus Sicht einer Ausbildungsinstitution nebst den Studierendenzahlen auch noch?
Fehr: «Die Entlassungen in der Medienbranche der letzten Monate haben leider auch Studierende in der Grundausbildung am MAZ getroffen, was uns zutiefst betrübt und die rasche Veränderlichkeit der Branche deutlich macht. Noch vor einem Jahr waren unsere Studierenden der zweijährigen Diplomausbildung wegen des herrschenden Fachkräftemangels sehr gefragt. Zahlreiche Studierende erhielten bereits während ihrer Ausbildung eine Festanstellung oder eine vertraglich zugesicherte Anstellung nach Beendigung des Studiums. Doch diese Situation hat sich in diesem Jahr drastisch verändert: Die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt ist gestiegen, und feste Anstellungen sind mittlerweile eher die Ausnahme als die Regel. Unsere Studierenden sind von dieser Entwicklung verunsichert, und die fehlende Jobsicherheit belastet sie. Diese Entwicklung hat auch negative Auswirkungen auf das Berufsbild von Journalistinnen und Journalisten.»

Wie sehen Sie die Zukunft des Bereichs Kommunikation am MAZ konkret?
Martina Fehr: «Er ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil des MAZ. Eine der strategischen Initiativen widmet sich genau dieser Frage: Wo müssen wir nachschärfen, was neu gestalten und was beibehalten? Auch in dieser Ausbildung von Kommunikationsfachleuten setzen wir auf die Grundwerte des Journalismus: Transparenz, Aufrichtigkeit, Aussagekraft und prägnante Sprache.»

Wird es in zehn oder 15 Jahren noch Ausbildungstools im Print-Journalismus geben oder wird alles auf den crossmedialen Content zugeschnitten sein?
Fehr: «Leider besitze ich keine Kristallkugel – diese Frage wird der Markt beantworten. Doch wie bei allen technischen Entwicklungen gilt: Das grundlegende Handwerk ändert sich nicht. Recherchieren, Verifizieren, Einordnen, Schreiben, Fotografieren oder Produzieren bleiben wesentliche Bestandteile der Ausbildung, unabhängig davon, für welches Medium gearbeitet wird.»

Was können Sie sagen zu den Finanzen? Wie steht das MAZ heute da?
Martina Fehr: «Wir sind eine NPO-Stiftung und finanziell sehr solide aufgestellt. Das Geschäftsjahr 2023 war ein sehr positives: Der Umsatz erreichte erneut das Niveau vor der Corona-Pandemie, bei den Kursgeldern verzeichneten wir den höchsten Stand der vergangenen fünf Jahre.»

Welche Subventionen bekommt das MAZ von Kanton und Bund zurzeit?
Fehr: «Der Kanton sowie die Stadt Luzern sind Träger unserer Stiftung und unterstützen das MAZ mit einem jährlichen Beitrag von insgesamt 55’000 Franken. Vom Bundesamt für Kommunikation erhalten wir jährlich einen Beitrag in der Grössenordnung von rund 450’000 Franken. Die Angebote in der Grundausbildung Journalismus sind defizitär; mit diesen Mitteln können wir die Kurse im Bereich Journalismus zu diesen tiefen Preisen anbieten.»

Wie gross ist der Anteil der Subventionen am Gesamtbudget des MAZ?
Martina Fehr: «Die Beiträge aller Stifter sowie des Bundes tragen jeweils etwa acht Prozent zu unseren Einnahmen bei, während rund 80 Prozent der Einnahmen ausschliesslich durch die Erlöse unserer Kurse generiert werden. Das ist der grosse Unterschied zu den Fachhochschulen und anderen Bildungsinstitutionen, die zu einem grossen Teil von der öffentlichen Hand finanziert werden.»