«Es ist bereits eine schlechte Gewohnheit: Alljährlich dann, wenn die Privatradiobranche den Radio Day und damit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit hat, lässt Giuseppe Scaglione eine Breitseite gegen die Privatradios los. Gegen jene Branche also, der er bis zum bedauerlichen Konkurs seines Senders 105 selbst angehörte.»
Eine Replik von Matthias Hagemann, Verwaltungsrats-Präsident von Radio Basilisk, auf Giuseppe Scagliones Bericht im Klein Report zu «Netzneutralität grösste Herausforderung für Radios – beim Radio Day jedoch kein Thema!».
«Letztes Jahr sagte er den Privatradios den baldigen Tod voraus, und dieses Jahr nun lässt er uns und alle anderen Interessierten wissen, dass wir alles, aber auch wirklich alles falsch machen. Wie sehen denn die Fakten aus?
Zunächst mal zum angeblichen baldigen Tod der Branche. Die Privatradios erfreuen sich stabiler Hörerzahlen, sie gewinnen gegenüber dem Senderkonglomerat der SRG sogar Marktanteile. Das Geschäftsmodell ist zwar bescheiden, aber intakt, die Werbeerlöse sind beständig.
Es gibt Jahre, da läuft es besser, andere sind - wie 2017 - etwas weniger gut, aber echte Sorgen muss sich kein Senderverantwortlicher machen. Und nicht nur das: Diejenigen Sender, die keine Gebühren vom Staat erhalten, machen schöne Gewinne und sind finanziell gesund. Ich glaube, manch ein Verlagsleiter im Zeitungsbusiness würde gerne mit uns tauschen. Bei allem Respekt vor der digitalen Revolution: Radio hat sich bisher als erstaunlich beständig erwiesen, und es ist nicht abzusehen, dass dies ändern sollte, wenn wir nicht alles falsch machen.
Aber eben, das machen wir laut Scaglione ja. Wir wollen die Vorwürfe mal mit der Realität konfrontieren. Da ist zuerst mal der absurde Vorwurf, die Privatradiobranche wolle die Hörerschaft mittels DAB+ weg vom Streaminghören umerziehen. Wie Scaglione sehr wohl weiss, läuft in der Schweiz derzeit der sogenannte Digimig-Prozess, eine vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) koordinierte Ablösung der in die Jahre kommenden UKW-Verbreitung durch das modernere, digitale DAB+.
Diese gemeinsame Anstrengung von Behörde, SRG und Privatradios hat die Unterstützung von Bundespräsidentin Doris Leuthard und macht für alle, auch für die Privatradios, sehr viel Sinn. Es ist dies der einzig mögliche Weg, wie die Branche auch in der digitalen Zukunft eine eigene Rundfunkverbreitungstechnologie behalten kann. Dies nützt allen: Den Sendern ebenso wie den Hörerinnen und Hörern.
Nicht zuletzt schafft man sich so die notwendige Verhandlungsposition, um mit der Telekomindustrie das Thema Netzneutralität überhaupt einigermassen auf Augenhöhe verhandeln zu können. Denn die Politik hat trotz aller geleisteten Anstrengungen des VSP in den letzten Jahren leider noch nicht begriffen, dass dieses Thema wichtig ist. Also müssen wir es selber lösen, statt wie Giuseppe Scaglione laut und vergeblich nach dem Gesetzgeber zu rufen.
Weiter im Text: Entgegen den Behauptungen von Scaglione sind alle zukunftsgerichteten Werbeformen wie Targeting und Programmatic von der Privatradiobranche erkannt und werden im Verbund mit der wichtigsten Vermittlerin Swiss Radioworld resolut angestrebt. Denn alle Reichweiten, die von der Mediawatch gemessen werden, sind für diese Werbeformen sehr geeignet. Online dagegen hat noch keine stichhaltigen Radiozahlen.
Und wie sieht es denn um die finanziellen Resultate der von Scaglione so gelobten Streamingservices aus? Spotify hat in jedem Jahr seines Bestehens Verluste eingefahren, im 2016 in der Höhe von 539 Millionen Euro. Pandora verzeichnete allein im ersten Halbjahr 2017 407 Millionen Dollar Verlust. Über Soundcloud, so konnte man lesen, kreist der Pleitegeier.
Wenn diese Giganten derart miserabel wirtschaften, wird es auch für einen kleinen Player wie my105 kein einfaches Geschäftsmodell sein. Demgegenüber hat beispielsweise Radio Basilisk in aller Bescheidenheit in jedem Jahr seines Bestehens schwarze Zahlen geschrieben. Ich verkenne die Kraft und Grösse der Streamingriesen keineswegs, aber nachhaltig sind sie erst dann, wenn sie Gewinn machen.
Ich schreibe diesen Text selbstverständlich zur Musik meines Senders. Unser Musikchef stellt diese dank ausgeklügelter Methoden und raffinierter Software aus einer sehr grossen Rotation zusammen, selbstverständlich streng am Markt orientiert und doch so abwechslungsreich, dass auch Motown und andere Perlen Platz haben.
So professionell wie bei uns wird dies wohl bei allen Sendern gehandhabt - je nach Zielgruppe ist das Resultat dann ein anderes. In Basel ist die musikalische Vielfalt dank Basilisk und Energy Basel für die Hörerschaft gross. Und dass SRF 3 es mit viel mehr finanziellen Mitteln auch gut macht, ist anzunehmen und soll uns freuen. Alles andere wäre Verschwendung von Gebührengeldern.
All diese Themen wurden am Radio Day verhandelt, zu allen gab es tolle Referentinnen und Referenten. Laut Giuseppe Scaglione war diese Veranstaltung im höchsten Mass unprofessionell und provinziell. Echt jetzt?
Gilles Marchand unprofessionell? Philip Metzger provinziell? Mirko Marr und Tanja Hackenbruch von Mediapulse, die führenden Medienforscher der Branche, unprofessionell? Billige Polemik, sonst nichts. Und dann noch diese vielen dummen Fehler im Text. Bei der Swiss Mediacast AG ist Dani Büchi von Energy nicht «ab nächstem Jahr Geschäftsführer», sondern bereits heute Verwaltungsrats-Präsident.
Der Geschäftsführer heisst Bernhard Schmid. Und die Situation bei der Swiss Mediacast AG ist meiner Ansicht nach offen, es kann durchaus alles im Sinne der Branche gut herauskommen. Dani Büchi ist eine vielfältige Persönlichkeit, über zwei Eigenschaften verfügt er meiner Ansicht nach absolut: Intelligenz und Strategie. Wir werden sehen.
Abschliessend dies: Ich schätze Giuseppe Scaglione für seinen Mut und seine Zähigkeit, mit der er geschäftlich wieder aufstand, und ich wünsche ihm von Herzen Erfolg. Es ist schade, dass er diese positiven Gedanken nicht auch für uns entwickeln kann.»