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Mittwoch
10.08.2022

TV / Radio

Patricia Schlesinger bleibt nach ihren Rücktritten in Erklärungsnot...      (Bild: © RBB)

Patricia Schlesinger bleibt nach ihren Rücktritten in Erklärungsnot... (Bild: © RBB)

Das Sommerloch ist gefüllt. Die Medien haben ihr Thema gefunden, und diesmal geht es nicht um das Loch Ness, sondern um das grosse Loch, das in die Fassaden der Öffentlich-Rechtlichen gerissen wurde.

Die Affäre beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) um die zurückgetretene Intendantin Patricia Schlesinger hat weitere personelle Konsequenzen. Die Leiterin der Intendanz, Verena Formen-Mohr, ist mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. Das bestätigte ein Sprecher des öffentlichen-rechtlichen Senders am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

«Der Spiegel» hatte es bereits vorher ans Licht gebracht. Zudem konnte vermeldet werden, dass auch der in die Kritik geratene RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf seinen Rücktritt erklärt hat.

Die Ereignisse provozieren die Medien zu heftigen Kommentaren. Deutsche Medienbeobachter sind sich einig: Der Skandal, der die ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger vergangene Woche zu Fall brachte, «hinterlässt einen Schaden an der Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland, der sich nicht nur mit Geld beziffern lässt. Und doch lässt sich das Ausmas an Gebührenverschwendung unter Schlesingers Leitung gerade anhand der Kosten festmachen».

17’000 Euro soll allein der neue italienische Parkettboden in Schlesingers Büro gekostet haben, das insgesamt für fast 660’000 Euro renoviert wurde. In ihrem Hauptjob als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg verdiente die 61-Jährige zuletzt mehr als 330’000 Euro jährlich, dazu kam ein Bonus von weiteren 20’000 Euro. «Ausgerechnet weil sie Sparziele bei den Gehältern der Belegschaft umgesetzt hatte», wird dazu ironisch vermerkt.

Im «Kurier» wird aus Wien zu solchen Ausgaben gelästert unter dem Titel: «Massagesessel im Dienstwagen: Das Luxusleben der Ex-ARD-Chefin.»

Und das Geldausgeben geht weiter: Laut «Tagesspiegel» dürfte die nun folgende Compliance-Untersuchung der externen Rechtsanwaltskanzlei bis zu eine Million Euro kosten.

Auch von der Schweiz aus findet die «Neue Zürcher Zeitung» in der Kolumne «Der andere Blick» deutliche Worte unter dem Titel «Der Fall Schlesinger zeigt das Systemversagen von ARD und ZDF».

Die «Süddeutsche Zeitung» meint: «Patricia Schlesinger ist als energische Superheldin der Öffentlich-Rechtlichen angetreten, jetzt ist sie ein Super-Problem.»

Verschiedene Medien meinen, dass mit dem Rücktritt der RBB-Intendantin die Probleme des beitragsfinanzierten Rundfunks in Deutschland nicht behoben seien. «Wollen die Anstalten ihre Akzeptanz nicht verlieren, müssen sie schlanker werden, kostengünstiger, staatsferner und pluraler.»

Die ehemalige Vorsitzende der ARD werde «als Intendantin in die Geschichte eingehen», die besonders freihändig mit dem Gebührengeld der Bürger umgegangen sei, von den Sendern auch «Demokratieabgabe» genannt.

Nur die «Zeit» glaubt bis jetzt in einem Podcast zu den Rücktritten: «Die ARD könnte sogar Vertrauen zurückgewinnen».

«Die Welt» will festgestellt haben: «Die Stimmung ist kurz vor Revolution.» Beobachtet wurde das bei einer Versammlung des Personals. Aber auch aus der Politik kommen für das Weltblatt «Forderungen nach mehr Kontrolle».

Allgemeiner Tenor demnach: Der Fall Schlesinger trifft die Öffentlich-Rechtlichen zur Unzeit.