Beim deutschen Schauspieler Mario Adorf (85) muss es Ironie des Schicksals sein, dass er ausgerechnet von einem Filmfestival in der Schweiz einen Preis für sein Lebenswerk bekommt. Denn die Schweiz hat sein Leben massgeblich bestimmt und darum ist sein Verhältnis zu ihr mehr als ambivalent.
Der berühmte Schauspieler kam 1930 als uneheliches Kind eines verheirateten, italienischen Chirurgen und einer ledigen, deutschen Röntgenassistentin in Zürich zur Welt.
Obwohl Alice Adorf vom Schicksal schon arg gebeutelt war, setzten die zuständigen Behörden von Zürich noch eins drauf und verwiesen sie und ihr Bündel des Landes. Mario Adorf und seine Mutter fanden schliesslich bei Verwandten in Deutschland Unterschlupf, wo der kleine Mario einige Jahre im Kinderheim lebte und seine Mutter ein hartes Dasein als Näherin fristete.
Und trotz allem zog es Adorf anfang der 50er-Jahre zurück in die Schweiz, um sein Studium fortzuführen. Daneben begann er am Schauspielhaus Zürich erst als Statist und dann als Regieassistent zu arbeiten und die Schauspielerei muss ihn so fasziniert haben, dass er sich entschloss, sein Studium in Zürich abzubrechen und stattdessen an der renommierten Otto-Falckenberg-Schule in München sein Schauspielstudium zu absolvieren.
Der Rest ist Geschichte: Mario Adorf hat in über 200 Filmen gespielt und gilt als Deutschlands bekanntester und beliebtester Schauspieler. Die Liste der Regisseure, mit denen er bis heute Filme gemacht hat, liest sich wie ein Auszug aus der Hitliste des Weltkinos: Sam Peckinpah, Franco Rossi, Wolfgang Staudte, Edgar Reitz, Billy Wilder, Volker Schlöndorff, Helmut Dietl, Rainer Werner Fassbinder, Claude Chabrol und Sergio Corbucci, einer der Väter des Italo-Western.
Mario Adorf wurde in seiner Laufbahn mit vielen Preisen überhäuft. Jetzt bekommt er also in Locarno auch noch einen Preis für sein Lebenswerk. Seine Mutter wäre sicher stolz auf ihn.