Die diesjährige Frankfurter Buchmesse glänzt mit dem Plädoyer für Einmischung. Im Vorfeld produzierte das «Jubiläum» #MeToo zahlreiche Sonderbeilagen, verfasst unter anderen von ziemlich mies gelaunten Jungautorinnen.
An der Buchmesse selber dominieren noch die männlichen Internetpodien, doch deren Zeit ist, das war deutlich spürbar, gezählt. Denn eines ist an der FBM 18 unübersehbar: Demokratie, Menschenrechte und Pressefreiheit werden ausschliesslich und nur von mutigen Frauen verteidigt.
Regula Stämpfli hat bei ihrem Besuch auf der #FBM18 für den Klein Report einige Eindrücke gesammelt.
Die mutige, wunderschöne, charismatische, poetische und hoffentlich künftige Nobelpreisträgerin Chimamanda Ngozi Adichie eröffnete die Frankfurter Buchmesse 2018 mit einer flammenden feministischen und demokratischen Rede.
Chimamanda Ngozi Adichie erzählt an einem persönlichen Beispiel, wie ihr aufgrund von zu kurzen Ärmeln der Eintritt in die Kirche ihrer Kindheit verwehrt wurde. «Wir sehen das überall. Im Nahen Osten, wo Frauen vorgeschrieben wird, was sie zu tragen haben; im Westen, wo Frauen als reine Sexualobjekte fungieren.» Weiter meinte sie: «Es ist eine Zeit für komplexe Geschichten», es sei wichtig, unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen zu lassen und daran zu denken, dass Autoren nicht nur Schriftsteller, sondern auch Bürger seien: «Dies ist auch eine Zeit für Mut und dafür, eine Lüge eine Lüge zu nennen.»
Im Gespräch über die Pressefreiheit in Europa sprach die Autorin Asli Erdogan, die monatelang in türkischer Haft sass, immer noch auf einen Prozess wartet und in Frankfurt leben muss, über Menschenrechte, Demokratie und was es bedeutet, geknechtet zu werden. Über die Deutschtürken sagte sie weise, dass diese einer Fantasietürkei dienten, während der Rest der nicht von Erdogan verführten Welt sähe, was die Türkei in Tat und Wahrheit sei, nämlich ein autoritärer und rechtsextremer Staat.
Die zerbrechliche und gleichzeitig unglaublich stark wirkende, gut aussehende, ausdrucksvolle Poetin Asli Erdogan verwies darauf, was Politik mit den Körpern von Menschen machen kann: «Es ist ein Trauma in mir.»
Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen kritisierte auch die deutsche Regierung und die anderen Regierungen Europas, die nicht realisieren würden, dass die Demokratie vor die Hunde gehe, wenn die journalistische Freiheit eingeschränkt werde. Er wünschte sich ein viel stärkeres Engagement und Mut von Seiten der eigenen westlichen und demokratischen Regierungen.
Wie wahr! Dies gilt auch für die Schweiz. Weder haben die Schweizer Mediengewerkschaften noch das Schweizer Fernsehen umfangreich über die massive Verletzung der Schweizer Meinungsfreiheit berichtet, als einem Schweizer Journalisten aus der Reisegruppe rund um Bundesrat Johann Schneider-Ammann die Einreise nach China verweigert wurde; siehe dazu den Klein Report-Bericht, der eher die Ausnahme war.
Dass Bundesrat Schneider-Ammann dem chinesischen Wunsch entsprechen musste, ist verständlich. Nicht verständlich ist aber die Komplizenschaft mit der Freiheitsbeschränkung von Journalisten auf Seiten der öffentlich-rechtlichen Medien und Gewerkschaften in der Schweiz. Wenn jetzt nicht laut und deutlich und offen über die schwindenden Freiheiten und die grossen Bedrohungen gegen Journalisten geredet wird, wann dann?
Offensichtlich diskutiert man lieber mit den eigenen Kollegen als sich wirklich wichtigen Themen zuzuwenden - dies war auch das Fazit von Reporter ohne Grenzen.
Es ist an der Zeit, laut und öffentlich zu sprechen. Über Medien, über Freiheiten und darüber, wie Frauen massiv bedroht werden, wenn sie es wagen, in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Deshalb habe ich - ein Jahr nach einer massiven medialen Kampagne einiger journalistischer Übeltäter gegen meine Person - ein Buch vorgelegt, das sich mit «Trumpism. Ein Phänomen verändert die Welt» beschäftigt.
Es war ein tolles Gefühl, das gedruckte Werk, das alles andere als einfach war, an der Frankfurter Buchmesse präsentieren zu können und im Verlagsgestell wie in den Buchhandlungen in Frankfurt entdecken zu dürfen. Wie meinte Chimamanda Ngozi Adichie an die Adresse von Schriftstellern - und ich an die Adresse der Journalisten? «Es ist an der Zeit zu sagen, dass wirtschaftliche Überlegenheit nicht moralische Überlegenheit bedeutet. Es ist an der Zeit für Männer, Bücher von Frauen zu lesen.»