Gespannte Erwartung bei der Premiere in der Solothurner Reithalle. «Manipulation» heisst der Film nach dem Roman «Das Verhör des Harry Wind» von Walter Matthias Diggelmann (1927-1979). Das Politdrama von Pascal Verdosci (Regie) und Alex Martin (Buch, Schnitt) hat eine Durststrecke hinter sich. Es sei vor drei Jahren längst abgedreht worden, doch Verdosci und Martin hätten sich laut der «Sonntags-Zeitung» zerstritten und sich nun erst wiedergefunden. Beide Filmschaffende wie auch ihre Hauptdarsteller Klaus Maria Brandauer und Sebastian Koch zeigten sich auf der Solothurner Bühne vereint. Im Film geht es um Spionage und Spionageabwehr in der Zeit des Kalten Krieges um 1956/57, um einen versierten Manipulator (Koch) und einen beflissenen Sicherheitsdienstler (Brandauer) im Rollstuhl.
Die Schweizer Sicherheit fällt auf eine Bildlüge und eine vage, fiese Andeutungen herein. Der umtriebige, undurchsichtige Harry Wind, Unternehmer und Drahtzieher, gaukelt eine Wahrheit vor, die es nicht gibt. Das exzellente Schauspielerstück erhielt zustimmenden Beifall. Für den Klein Report hat sich Rolf Breiner umgehört, wie diese spannende Manipulation, dieses kammerspielartige Rededuell angekommen ist. Einer der Nebendarsteller, Helmut Förnbacher als Oberst, kann natürlich nur begeistert sein. Er hatte sich für diesen Abend freigemacht, denn normalerweise steht er in seinem Förnbacher Theater im badischen Bahnhof in Basel auf der Bühne, etwa im Solostück «Novecento», der Legende vom Ozeanpianisten (26. Januar).
Verdosci/Martin hatten bei einigen seiner Fernsehfilmen («Damit finanziere ich mein Theater») mitgewirkt. Filmer Erich Langjahr («Das Erbe der Bergler») war sehr angetan von der schauspielerischen Leistung: «Klaus Maria Brandauer ist der Film.» Ihm war aber bewusst, dass «Manipulation» aufs Publikum schielt. Er sah auch ein, dass dieses matte Zeitkolorit Schwachstellen auswies, als ihn der Klein Report darauf hinwies, dass es zur «Tatzeit» um 1957 nie eine Schlagzeile über einen Agentenselbstmord mit Bild auf der Titelseite der NZZ gegeben hätte, wie der Film weismacht. Langjahr hat übrigens die Dokumentation «Die Selbstzerstörung des Walter M. Diggelmann» (1973) in seinem Verleihprogramm (DVD). Reni Mertens und Walter Marti hatten dazumal die Selbstdarstellung angeregt und mit dem Autor Diggelmann realisiert.
Filmer Samir (Dschoint Ventschr) indes war gar nicht gut auf die Diggelmann-Verfilmung zu sprechen. Ihm fehlt der Bezug zur damaligen Schweizer Zeit, zum Schnüffelklima, zur Politbrisanz. Sauer aufgestossen ist ihm auch, dass der Film, deutlich in Zürich angesiedelt, in Hochdeutsch daherkommt. Er hätte den Stoff gern anders, eben brisanter, politischer angelegt. «Manipulation» ist ein gut geschnittenes Kammerspiel, so meint der Klein Report, welches zwar perfide das Thema Manipulation vorführt, aber nur peripher das gesellschaftlich-historische Polit-Klima in der Schweiz von dazumal einfängt. Die politischen Anspielungen bleiben in diesem miefen Verhör-Film antiquiert und harmlos. Spannend quasi als schweizerisches Stasi-Drama mit einem fast versöhnlichen Ende, das freilich herbeigeschrieben wirkt. Auf jeden Fall ein grosses Schauspielerstück, getragen vom Duell Brandauer - Koch. (Schweizer Kinostart am 3. Februar.)




