Content:

Donnerstag
19.05.2022

Werbung

«Gras gibt es im Überfluss»: Weckt falsche Vorstellung von der Milchproduktion, kritisiert Greenpeace die Kult-Werbung von Swissmilk. (Bild Youtube)

«Gras gibt es im Überfluss»: Weckt falsche Vorstellung von der Milchproduktion, kritisiert Greenpeace die Kult-Werbung von Swissmilk. (Bild Youtube)

Greenpeace Schweiz hat die Kommunikationsstrategien in der Werbung für Fleisch, Milchprodukte und Eier unter die Lupe genommen. Sie wirft den Werbetreibenden «Manipulation» vor – und fordert ein Werbeverbot.

Wer mag sie nicht: Lovely, die ikonische Kuh von Swissmilk, die seit den 1990er-Jahren in unzähligen Werbespots dem Menschen immer eine Nasenlänge voraus ist.

«Der Einsatz von Humor erlaubt es Swissmilk, die Milchproduktion als ökologisch vorteilhaft darzustellen und den Argumenten von Umweltschützern und Umweltschüterinnen zu begegnen», schreibt Greenpeace zu der «manipulativen» Werbestrategie. 

In den Spots werde zudem so getan, als seien die Tiere in der Milchviehhaltung tatsächlich frei, wenn da nur eine Kuh allein auf weiter Flur zu sehen ist. «Lovely wird sogar angehalten, zu tun ‚was sie will‘».

Und auch die Parameter der Ästhetik nehmen die Autoren in die Mangel. Mit der Betonung der Grundfarben Weiss (Kuh) und Blau (Himmel) werde eine Reinheit suggeriert, «als ob die Milch aus einer Produktion stammen würde, die die Natur respektiert».

Und das saftige Grasland oder der Ausspruch «Gras gibt es im Überfluss» wecken laut dem Bericht die Vorstellung, dass die für die Milchproduktion erforderlichen Ressourcen reichlich oder sogar ewiglich vorhanden sein würden.

Auch einen Rassismusmoment hat der Umweltverband in einem Lovely-Spot identifitiert: Dort nämlich, wo ein schwarzer Komiker in einer Weise mit einem weissen Kühlschrank kontrastiert wird. «Die Hautfarbe des Schauspielers in dieser Weise zu verwenden, grenzt an Rassismus», schreibt Greenpeace.

Das ist nur ein Beispiel von etlichen, die in dem 60-seitigen Bericht minutiös zerlegt werden und deren Suggestivkraft benannt wird. Hergehalten haben dabei nicht nur Werbungen der Detailhändler Coop, Migros, Aldi und Lidl, sondern auch solche, die Verbände wie eben Swissmilk oder Proviande verantworten. 

Und da wird’s im engeren Sinne politisch, weil diese Werbung qua staatlicher Absatzförderung unter anderem auch durch Steuergelder mitfinanziert wurde.

Wie bei den Lovely-Spots, wo neben der Kuh gleich schon das volle Milchglas steht, gibt es auch in vielen anderen Werbungen Lücken im Plot, «um von den Schlüsselthemen abzulenken», wie Greenpeace weiter schreibt. Das Melken oder Schlachten wird ausgeblendet. Überhaupt laufen nur selten lebende Tiere durch eine Fleisch-Werbung. 

«Das Ziel: die Herkunft der Produkte, ihren Herstellungsprozess sowie die philosophischen, kulturellen und ökologischen Herausforderungen in Vergessenheit geraten zu lassen.»

Eine andere Strategie ist die Kreation von Mischwesen wie zum Beispiel dem «Gemüsefilet»: «Durch die bewusste Verwischung der Beziehungen und Unterschiede zwischen den Ernährungsarten soll dem Publikum glaubhaft gemacht werden, dass Tiere gleich behandelt werden wie Menschen. In Wirklichkeit aber verstärken sie die überlegene Position des Menschen gegenüber der Natur.»

Für den Klein Report stellt sich natürlich die Frage, wo Inspiration endet und Manipulation beginnt. «Werbung (die darauf abzielt, eine Handlung oder ein Verhalten zu provozieren) ist nicht zwangsläufig manipulativ», räumt auch Greenpeace ein. «Sie wird es aber, wenn sie ihre Absichten nicht offenlegt, sondern sie verschleiert.»

Greenpeace fordert nun ein Werbeverbot für Fleisch, Milchprodukte und Eier in der Schweiz.