Die Zeitschrift «L`illustré» hat mit einer Reportage aus Guatemala gegen die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verstossen. Die Zeitschrift hatte den vollständigen Namen einer Frau veröffentlicht, die gegen den ehemaligen guatemaltekischen Polizeichef, Erwin Sperisen, geklagt hatte.
Neben dem Namen wurden Fotos der 70-Jährigen und ihrem Haus gezeigt. Zudem enthielt der Bericht «relativ präzise Angaben über ihren Wohnort nahe der Grenze von Guatemala zu Honduras», teilte der Presserat mit. Im Prozess, der in Genf stattfand, wurde der Name der Klägerin, deren Sohn im Gefängnis gestorben war, dagegen nicht offengelegt.
Eine Beschwerde an den Schweizer Presserat machte geltend, diese Identifizierung sei eine grosse Gefahr für die Sicherheit der 70-Jährigen. Dies umso mehr, als der Artikel auch in Guatemala erschien.
Der Presserat kam zum Schlus, dass Journalisten nicht von der Pflicht, das öffentliche Interesse und den Schutz der Privatsphäre gegeneinander abzuwägen, entbunden sind, auch wenn eine Person bereit ist, unter Preisgabe ihrer Identität zu antworten.
«Kann eine Person mögliche Konsequenzen ihrer nicht anonym gemachten Aussagen offensichtlich schlecht einschätzen, muss sich der Journalist fragen, wie er deren Privatsphäre schützt», stellte der Presserat fest. Im vorliegenden Fall sei dieser Schutz dem öffentlichen Interesse an einer Identifizierung der Klägerin vorzuziehen.
Der Presserat befand deshalb, dass «L'illustré» die Privatsphäre der Guatemaltekin verletzt und somit gegen Ziffer 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte» verstossen hat.