Nach dem Aderlass bei den Tamedia-Blättern «24 heures» und «Tribune de Genève» versetzt Ringier der Westschweizer Presse mit der «L’Hebdo»-Einstellung einen weiteren Schlag. Syndicom fordert, einen Käufer für das defizitäre Politmagazin zu finden. Beim Ex-Ringier-Blatt «Cicero» war das geglückt.
Das 1981 lancierte «L’Hebdo», das nach einem längeren Auflagenrückgang zuletzt mit 34 000 Stück gedruckt worden ist, steckte laut Ringier seit 2002 in den roten Zahlen. 2016 sind zwei Millionen Franken Verlust eingefahren worden.
Luft verschaffen wollte sich das Unternehmen im Herbst 2014. Kurz nach der Übernahme der Tamedia-Anteile an der «NZZ der Romandie» hatte Ringier die Hauptredaktion von «Le Temps» nach Lausanne zu «L’Hebdo» verlegt. Durch den gemeinsamen Newsroom sollten die Kosten gesenkt werden. Offenbar nicht genügend.
Tamedia hatte im vergangenen September bereits 24 Stellen in der Redaktion der beiden Zeitungen «24 heures» und «Tribune de Genève» gestrichen. Die Gewerkschaft Syndicom ist verärgert, dass die beiden Deutschschweizer Medienhäuser «auf diese Weise über Sein oder Nichtsein wichtiger Titel der Westschweizer Presse entscheiden können».
Besonders die Digitalstrategie kreidet die Gewerkschaft den Verlagen an. Durch den Ausbau der Werbeplattformen im Internet und «ihre Weigerung, die Gewinne aus dem kommerziellen Online-Bereich in den Printbereich zu investieren, haben die beiden Verleger ihre eigenen gedruckten Titel kannibalisiert», heisst es geharnischt am Montag.
Das Medienhaus müsse in dem am Montag eingeleiteten Konsultationsverfahren alles unternehmen, um Entlassungen zu verhindern, schreibt Syndicom – und wird konkret: Ringier Axel Springer müsse «aktiv nach einem Käufer für 'L’Hebdo' suchen».
Diese Idee ist nicht neu. Nach einem Bericht der «Neuen Zürcher Zeitung» hat Ringier ein Management Buyout bereits «geprüft». Doch fragt sich: wie ernsthaft und mit wie viel Goodwill für den Fortbestand des Blattes?
Immerhin war eine solche Lösung im Februar 2016 bei den deutschen Ringier-Titeln «Cicero» und «Monopol» geglückt. Die Chefredaktoren übernahmen die Blätter, eine Einstellung konnte verhindert werden.
Bei seiner Lancierung verlegte Ringier das Magazin auch diesseits des Röstigrabens. Doch die Deutschschweizer Ausgabe «Die Woche» scheiterte nach zwei Jahren und wurde 1983 eingestampft.
Als der Verlag 2011 den 30jährigen Geburtstag des Blattes feierte, pries er die «Grundsteine des Erfolgs von `L`Hebdo`»: Dazu zählte Ringier «einerseits die konsequente Durchsetzung eines innovativen redaktionellen Konzeptes, zum anderen aber auch die ständige Neuerfindung der Marke durch die Herausgabe zahlreicher Sonderausgaben sowie die frühzeitige Entwicklung einer eigenen iPad Applikation».
Und nun schmeisst das Medienunternehmen, das 2015 noch 11,3 Millionen Franken Gewinn eingefahren hat, die Flinte ins Korn. In seinem 36. Lebensjahr soll die «ständige Neuerfindung» des Westschweizer Wochenmagazins nach Meinung seines Verlegers also Geschichte sein.