Mit Spannung wird der Dokumentarfilm über Christoph Blocher am Dienstagabend auf der Piazza Grande in Locarno erwartet. In «L`Expérience Blocher» begleitet Regisseur Jean-Stéphane Bron den umstrittenen SVP-Politiker über mehrere Monate nah mit der Kamera.
Blocher gewährt dem Dokfilmer Einblicke in seine Arbeit, seine Art zu arbeiten, Weisungen oder Befehle zu erteilen, zeigt sein Haus in Herrliberg in den mit Anker-Bildern behangenen Räumen oder am Swimmingpool mit Weitblick über den Zürichsee. Fahrten an Politikveranstaltungen, Empfänge in seinem Schloss Rhäzüns oder in die EMS-Werke der Familie Blocher werden gemacht.
Der etwas lang geratene Dokfilm ist handwerklich gut gemacht. Jean-Stéphane Bron («Mais im Bundeshaus», «Cleveland versus Wall Street») versucht Distanz zu wahren und erklärt seine persönlichen Probleme und seine Gefühlswelt zu Christoph Blocher gleich zum Thema im Film. Wenn Blocher redet, sitzt er meist im Fonds seiner Limousine, neben sich seine Frau Silvia, die ihm ab und an die Hand hält - wie ein jung verliebtes Paar.
Der Dokfilm polarisiert, nicht nur im Vorfeld, wo bereits von Subventionsverschwendung der 260 000 Franken, die das Bundesamt für Kultur an den Film gezahlt hat, gesprochen wurde. SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer fand, dass der heutige Multimilliardär einen Film über sich selber auch selber bezahlen sollte.
Viel entspannter sieht das Parteikollegin Jacqueline Badran, die sich nicht an dem Förderbeitrag stört, wie sie gegenüber dem Klein Report am Dienstagmorgen sagte: «Christoph Blocher ist ein nationales Phänomen, eine prägende Figur für die Schweiz, da drängt es sich auf, einen Dokfilm zu machen.» Und Badran fügt am Frühstückstisch im Ristorante al porto in Ascona schmunzelnd an: «Ob uns das passt oder nicht.»
Zufälle gibt es nur wenige im Leben, und so sass zur gleichen Zeit mit Freunden auch SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli bei Gipfeli und Café an den Gestaden des Lago Maggiore am gleichen Ort. Auch er ist gespannt auf die Uraufführung von «L`Expérience Blocher». «Ich habe gehört, dass es ein interessanter Film sei, keine Verherrlichung, aber auch nicht die übliche Verteufelung, sondern ein ernsthaftes Bemühen um das Verständnis darüber, was einen Schweizer Jahrhundertpolitiker antreibt», sagte Mörgeli gegenüber dem Klein Report, der sich wie Jacqueline Badran den Film am Abend auf der Piazza anschauen wird.
Auch wird im Dokfilm angesprochen, ob Christoph Blocher das gleiche Schicksal wie Mozart widerfährt, und man sein Wirken und seine Bedeutung erst 150 Jahre nach seinem Tod zu würdigen weiss. Aber da scheiden sich die Geister ja unversöhnlich diametral.