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Donnerstag
17.07.2025

Medien / Publizistik

Erwägt rechtliche Schritte: Doris Leuthard... (Bild: Screenshot SRF)

Erwägt rechtliche Schritte: Doris Leuthard... (Bild: Screenshot SRF)

Früher tauchte zu dieser Jahreszeit das Ungeheuer von Loch Ness auf. Im Amazonas wurden Dinosaurier gesichtet – und im Himalaya Schneemenschen. 

Die Rede ist von der Saure-Gurken-Zeit, in der das öffentliche Leben Ferien macht und die Nachrichtenlage so trocken ist wie das Death Valley Mitte August. 

2025 gibt es aber kein Sommerloch. Donald Trump sei Dank – und alt Bundesrätin Doris Leuthard. Die Magistratin im Unruhestand liefert sich derzeit einen verbalen Schlagabtausch mit SVP-Nationalrat Christian Imark.

Die Sachlage: Der 43-jährige Solothurner hatte Leuthard in den sozialen Medien als «Huhn» bezeichnet, nachdem sich die alt Bundesrätin in einem Interview gegen den Bau neuer Atomkraftwerke ausgesprochen hatte.

Leuthard, die den Atomausstieg 2017 massgeblich vorangetrieben hatte, sieht in Imarks zoologischem Exkurs eine persönlichkeitsverletzende Beleidigung und fordert in einem Mail, das dem Klein Report vorliegt, eine Entschuldigung innerhalb von drei Tagen, andernfalls prüfe sie rechtliche Schritte.

Davon will Imark aber nichts wissen. Auf Anfrage des Klein Reports am Donnerstag stellt er sich auf den Standpunkt, dass die Bezeichnung «Huhn» nicht so dramatisch sei. Und dass Leuthards politische Fehler diesen Nebenschauplatz klar überstrahlen.

Ausserdem verstosse sie gegen das ungeschriebene Gesetz, dass sich frühere Regierungsmitglieder nicht in aktuelle Geschäfte einmischen. In den Augen von Imark gebärdet sich Leuthard wie eine «Schattenministerin».

So hat Imark nun selber ein Schreiben verfasst, in dem er die alt Bundesrätin explizit auffordert, sich für «Ihre schlimmsten Fehlleistungen während der Zeit als Bundesrätin zu entschuldigen».

Der Geschäftsleiter einer Eventfirma schreibt unter anderem zur Behauptung von Leuthard, dass die Energiestrategie 40 Franken pro Haushalt koste: «Diese krasse Falschaussage ist ein Hohn gegenüber Bevölkerung und Wirtschaft. Alleine die Stromkosten haben sich vervielfacht. Dies verdanken wir der Labilität unserer Versorgung, zurückzuführen auf Ihre Politik. Dazu kommen gestiegene Netznutzungsgebühren (wegen Leitungen, Speicher und Trafos), höhere Kosten für die Regelenergie sowie für Reservekraftwerke und Speicherreserven.»

Christian Imark führt weiter aus, dass heute ganze Industriezweige staatlich gestützt werden müssen, damit diese wettbewerbsfähig bleiben. Die Sicherstellung der zukünftigen Winterversorgung ohne Kernenergie werde nochmals weitere Milliardenkosten verursachen.

Quintessenz: «Dass heute über die Rentabilität der Kernenergie philosophiert wird (wie Sie es tun), verdanken wir genauso Ihrer fehlgeleiteten Politik, wie die Tatsache, dass es mit entsprechenden Verboten niemals Investoren geben wird.»

Zur «Huhn-Causa» schreibt Imark an Leuthard: «Ihnen scheinen Ihre persönlichen Befindlichkeiten wichtiger zu sein, sodass Sie sich weiterhin als Gouvernante sowie als Schatten-Energieministerin der Schweiz inszenieren. Mahatma Ghandi sagte es so: Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne und nicht der Beständigkeit.»

Trotz dieser pointierten Worte bleiben Fragen offen – im Zentrum: Darf man eine Politikerin als «Huhn» bezeichnen? Das Bauchgefühl des Klein Reports sagt: Der Ausdruck ist zumindest grenzwertig und zeugt nicht von überbordendem Respekt. Aber von einer Person des öffentlichen Lebens muss man erwarten können, dass sie gewisse Angriffe stoisch zur Kenntnis nimmt und an sich abprallen lässt.

Auch juristisch besteht Ermessensspielraum. Beim Ausdruck «Huhn» handelt es sich um ein «Werturteil». Und ein solches stellt gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur dann eine Verletzung des Rechts dar, wenn es sich zu einem unnötig diffamierenden und beleidigenden Angriff ausweitet.

Gemäss der Auskunft eines Medienanwalts ist im Übrigen selbst undifferenzierte, scharfe, beissende und sarkastische Kritik in Kauf zu nehmen.

Oder mit anderen Worten: Entspannung sollte bei Doris Leuthard überwiegen. Es gibt auf dieser Welt derzeit grössere Probleme als politische Liebesgrüsse aus Solothurn.