Aus diesem Raum an der Zürcher Kreuzstrasse hat das Schweizer Fernsehen die erste «Rundschau» gesendet, und die ersten Farbfilme wurden hier ausgestrahlt. Zwischen 1952 und 1972 war das Studio Bellerive im Seefeld-Quartier die Geburtsstätte des Schweizer Fernsehens. Heute hat die ehemalige Tennishalle im dritten Obergeschoss als Studio ausgedient. In wenigen Wochen beginnen die Umbauarbeiten, nächstes Jahr beziehen die Condor Films und die Faro TV die neuen Büroräume. Grund für eine grosse Abschiedsparty.
Mehr als dreihundert Gäste strömten am Donnerstagabend in das geschichts- und geschichtenträchtige Haus. Die Condor Films hatte eingeladen, um ein letztes Mal in den legendären Räumen anzustossen und das Studio zu verabschieden. Der älteste Gast war Carlo Venturi (83), ehemaliger Chefbeleuchter der Filmgesellschaft. Venturi zeigte auf seinen ehemaligen Vorgesetzten Martin Fueter und sagte: «Er war der beste Chef, den ich je hatte». Fueter scheint mit 65 Jahren an Pensionierung nicht zu denken, er war jede Sekunde in Bewegung, rannte, gestikulierte oder rief etwas. Venturi: «Er war kein Chef, sondern ein Kollege. Immer gut gelaunt.» Es wurden nostalgische Gespräche geführt am letzten Abend im Studio Bellerive. Aber die Stimmung war fröhlich und entspannt. «Schreib einfach: Am Schluss waren alle besoffen», sagte Geni Riedel, der früher Studio-Chef war.
Carlo Venturi und Geni Riedel unterhielten sich mit weiteren Vertretern der guten alten Zeit: Edwin Horak, Kameramann, und Markus Weyermann, pensionierter Regisseur. Beide haben «extrem viel Zeit» in diesem Studio verbracht, erzählten sie. «Sehr traurig» über den Abriss zeigte sich Franziska Eidenbenz, freischaffende Visagistin. «Aber das ist die Evolution. Nichts ist ewig, aber manches ist für immer. Dieses Studio bleibt immer in Erinnerung.» Daneben diskutierten Edwin Horak und Markus Weyermann über Marc Forster. «Ein Mensch mit Charakter und Format. Als Junger hätte er einen Disney-Film machen können für viel Geld, aber er wollte nicht. Für einen zweiten Bond-Film hätte er Millionen bekommen.»
Draussen brutzelten die Würste auf dem Grill, Bier und Wein flossen und alte Bekannte umarmten sich stürmisch. Prominente hielten Schwätzchen wie etwa der Regisseur Rolf Lyssy («Schweizermacher») und die Schauspielerin Karin Lanz. Für Lyssy hat das Bellerive-Studio eine grosse Bedeutung. «Hier habe ich Anfang der 80er Jahre mit Emil den Film `Kassettenliebe` gedreht, wir haben aus dem Studio eine Zivilstandsstube gemacht.» Karin Lanz sieht dem Umbau positiv entgegen. «Die hellen Büros werden viel angenehmer sein zum Arbeiten.» Darauf freut sich auch Produzentin Claudia Lässer. Nachdenklich gestimmt war hingegen Schauspieler Stefan Gubser: «Ich habe hier für viele Filme synchronisiert. Und heute Abend treffe ich viele alte Bekannte, es ist ein spezieller Moment.»
Die schwüle Hitze lag noch immer über Zürichs Dächern, als Martin Fueter die Gesellschaft ins Studio bat, wo sich die polnische Band Palko Muski auf der Bühne in Stellung brachte. Langsam und melancholisch waren nur die ersten paar Takte, nachher legte die Band richtig los, der Bass dröhnte, und niemand stand mehr still. Der erste aber, der die Tanzfläche in Anspruch nahm, war Martin Fueter. Mit der Zigarette im Mund flitzte er über die Bühne, sein ehemaliger Mitarbeiter Carlo Venturi kommentierte: «So war er immer. Eine unglaubliche Energie.»
In der Gästeschar gesichtet wurden zudem Medien- und Werbeleute wie Ulrich Kündig, ehemaliger Direktor des Schweizer Fernsehens, der Radio- und Fernsehmoderator Röbi Koller oder der Publicis-CEO Martin Denecke. Auch Filmleute wie Christian Frei (der für seine Dokumentation «War Photographer» für den Oscar nominiert war) die Schauspieler Martin Rapold und Antoine Monot jr., die Redaktorinnen Janine Wille und Monika Ziltener von Faro mit dem Cutter Jean Merrouche, und natürlich Produzent und Filmer PC Fueter liessen sich den Anlass nicht entgehen.
Die Werbebranche wurde vertreten durch Hans Tanner und André Benker (Neue LGK Kommunikation), Markus Gut mit Ehefrau Claudia, Young & Rubicam Gruppe Schweiz, Daniel Matter (Matter & Gretener), Kaspar Loeb (Saatchi & Saatchi) sowie Roland Sutter und Manuela Gualeni von Sulzer, Sutter, und Brigitta Schmid, Freelance Beraterin und gute Seele beim Art Directors Club. Gut gelaunt war auch Medienanwalt Andreas Meili, der die Condor an Thomas Sterchi verkaufte, als sie noch zu 70 Prozent im Besitz der Tamedia war. Und die quirlige Powerfrau Frances Belser, die mit ihrem Partner und sechs Leuten das hochprofessionelle Tonstudio Hastings in Zürich und Genf führt.
Freitag
19.06.2009