An der Verleihung des vom österreichischen Oberauer-Verlag herausgegebenen «Schweizer Journalist» für die «besten Verleger und Journalisten» am Donnerstagabend hielt der Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument die Laudatio auf den Verleger Pietro Supino und den Verlagsmanager Martin Kall. Beiden wurde der Verlagsmanager-Preis des Jahres 2009 übergeben. Für den Präsidenten des Verleger-Verbandes der Schweizer Presse bot sich dabei auch die Gelegenheit, sich über die aktuellen Printmedienlandschaft und die marktbeherrschende Stellung von Medienkonzernen Gedanken zu machen.
Jede Zeit habe ihre geistigen und materiellen Werte, so Lebrument: «Die meisten Unternehmen gehen mit der Zeit, erwerben, pflegen und erhalten, was modisch ist und in die Zeit hineinpasst. Es gibt aber auch Unternehmen und Unternehmer, und die Tamedia gehört dazu, die ihre eigenen Wege gehen und dem Zeitgeist widerstehen», so Lebrument zum Auftakt. «Mit Pietro Supino und Martin Kall ehren wir Unternehmer, die ein hohes Risiko eingegangen sind. Wehe, wenn ihre Zeitungen vom Winde verweht, ihre Online-Angebote gratis wohl bekömmlich sind, aber keine Zahler finden. Dann haben es alle gewusst.
Mitten in der Medien- und Tageszeitungskrise kaufen, gestalten und verändern Pietro Supino und Martin Kall ihre Zeitungen mit einem hohen, auch emotionalen Engagement. Das starke Unternehmen Tamedia macht der Branche Mut, es glaubt an die Zeitungen, die zurzeit von zahlreichen Krisensymptomen befallen sind. Auf den ersten Blick kauft das reiche Zürich den Rest der Schweiz. Sieht man das Ganze vertieft, so weiss man, dass die Verleger in Bern und in der Westschweiz in den letzten 15 Jahren massiv unter staatlicher Regulierung, Eigentumseinschränkungen und dem Kartellrecht doch gelitten haben.»
Dann erläutert der Verlegerpräsident das Lehrstück der geehrten Tamedia-Verleger: «Wie hat Tamedia dieses Unternehmen gekauft? Nach der einfachen Formel: Einen Teil erhalten die Verleger cash, für den anderen Teil gibt es Tamedia-Aktien. Und wie stellt sich der Verleger von Tamedia, der geehrte Pietro Supino, seinen Verwaltungsrat vor? Er, als Präsident, der Verleger von Winterthur und der Verleger von Bern sind bereits im Verwaltungsrat. Kommt, wenn der Handel in der Westschweiz abgeschlossen ist, auch der Verleger der Westschweiz in den Tamedia-Verwaltungsrat? Und könnte es sein, dass der Tamedia-Verwaltungsrat aus Winterthur ein besonderes Augenmerk auf den Landboten, jener von Bern auf die bernischen Zeitungen hat? Wird auch das französische Element, etwa ein renommierter Westschweizer Verleger bald einmal im Verwaltungsrat von Tamedia Einsitz nehmen? Ist der Tamedia-Verwaltungsrat auch ein, die grossen Titel unseres Landes umfassender Verlegerrat?»
Mit Blick auf die Wettbewerbskommission äussert sich Hanspeter Lebrument weiter: «Und wie organisiert Martin Kall? Einst gab es nur den Bund, die Berner Zeitung und den staatlichen Beobachtungsposten, die Wettbewerbskommission, die lange Zeit eine Zusammenarbeit der beiden Titel nicht erlaubte. Mit der Vergrösserung von Tamedia hat sich alles geändert. Jetzt sind die miteinander zusammenarbeitenden Thurgauer Zeitung und Landbote befreit von jeglicher Berner Aufsicht, der Tages-Anzeiger aus Zürich und der Bund aus Bern sind ein Duo, ohne dass sie eine marktbeherrschende Stellung fürchten müssen. Arbeitet in Zukunft Tribune de Genève mit 24 heures oder Le Matin aus Lausanne zusammen? Was einst fast unüberwindbar war, ist problemlos geworden. Dass dieser ganz grosse Befreiungsschlag gelungen ist, ist das Verdienst des Verwaltungsratspräsidenten von Tamedia, Pietro Supino, und des CEO Martin Kall.»
Abschliessend widmete sich der Laudator dem Thema «Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung» aus Sicht eines gebeutelten Verlegers, der mit solchen Dingen konfrontiert wird. «Jetzt ist wieder hohe Zeit, nach dem Staat zu rufen, dass dieser, den im Wettbewerb unterlegenen Millionären helfen soll, einen Begriff zu kreieren und einen neuen Tatbestand zu konstruieren, der sie dennoch zu ihren Konzessionen bringen soll. Was ist marktbeherrschend? Die einzige Lokalzeitung im Ort, eine starke regionale Tageszeitung oder Medienkonzerne, die in verschiedenen Teilen des Landes, sowohl bei den Zeitungen als auch im Online, sehr stark sind?» Soweit die Ausführung von Südostschweiz-Verleger und Präsident des Verbandes Schweizer Presse, Hanspeter Lebrument.
Samstag
30.01.2010



