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Donnerstag
14.02.2002

Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa hat eine Untersuchung wegen öffentlicher Anstiftung zu Verbrechen gegen die Genfer Zeitung «Le Courrier» eröffnet. Die Zeitung hatte am 26. November 2001 einen Leserbrief eines Kollektivs abgedruckt, das anlässlich der Anti-WTO-Demonstrationen Gewaltanwendungen in bestimmter Form rechtfertigte. «Le Courrier» fügte der Lesermeinung eine Stellungnahme hinzu, die die Meinung der Briefeschreiber kritisch hinterfragte. Der betreffende Journalist wurde kurz darauf von der Polizei vorgeladen. Er verweigerte jedoch die Bekanntgabe der Identität der Leserbriefschreiber, wobei er sich auf Artikel 27 des Strafgesetzes berief. Manuel Grandjean, Chefredaktor von «Le Courrier», wurde dann am 11. Februar durch den Generalstaatsanwalt auf die Kaskaden-Haftung aufmerksam gemacht. Das heisst, wenn der Autor des umstrittenen Textes nicht ausfindig gemacht werden könne, sei der verantwortliche Redaktor der Publikation strafbar. Grandjean sagte der SDA, er habe Generalstaatsanwalt Bertossa mitgeteilt, dass der fragliche Leserbrief vom 26. November keinen Aufruf zur Gewalt, sondern eine nachträgliche Erklärung gewisser Aktionen an der Demo vom 10. November enthielt. Für Grandjean eröffnete der Brief «eine legitime und nötige Debatte» über die Frage der Gewalt innerhalb der betreffenden Bewegungen. Für den Generalstaatsanwalt seinerseits stellt die Affäre «eine interessante Frage zum Medienrecht», wie er der SDA sagte.