Die Hamburger Verlagsgruppe Bauer hat den geplanten Verkauf des «Tagesspiegels» an Pierre Gerckens scharf kritisiert. «Damit sehen wir unsere Bedenken gegen den Verkaufsprozess bestätigt», sagte Bauer-Sprecher Andreas Fritzenkötter am Montag in Hamburg. Holtzbrinck habe den «Tagesspiegel» offenkundig nicht wirklich verkaufen wollen. «Sowohl andere Bieter als auch das Wirtschaftsministerium wurden an der Nase herumgeführt», sagte Fritzenkötter. Nun werde das Hamburger Verlagshaus seine weiteren Handlungsmöglichkeiten im Laufe der Woche prüfen. Bauer hatte sich ebenfalls stark um den Kauf des «Tagesspiegels» bemüht.
Der Dortmunder Konzentrationsforscher Horst Röper sieht in dem geplanten Verkauf an Gerckens eine «Parklösung». Bei der Vereinbarung handele es sich offenbar um einen «formalen Verkauf», der das Blatt solange in die Hände Gerckens lege, bis die Hürden zur generellen Fusion bei Tageszeitungen im Zuge der Novelle des Wettbewerbsrechts gesenkt würden, sagte Röper am Montag der Nachrichtenagentur ddp. Dies halte er für eine «unsaubere Lösung». Röper unterstrich, die kartellrechtliche Prüfung des Verkaufs werde aller Voraussicht nach keine Beanstandungen ergeben, da Gerckens nicht als Verleger fungiere. «Es ist aber zu prüfen, ob er als Strohmann auftritt», fügte der Medienexperte hinzu.
Ein Sprecher Holtzbrincks wies die Vorwürfe «mit aller Entschiedenheit» zurück. Gerckens sei selbständiger und unabhängiger Unternehmer. Mit sofortiger Wirkung sei er von sämtlichen Ämtern und Funktionen in der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck und deren Tochtergesellschaften zurücktreten.
Einzig Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement begrüsst den Weg, den Holtzbrinck eingeschlagen habe. Er gehe davon aus, dass der Verlag «eine unternehmerische Lösung» anstrebe, sagte er am Montag in Berlin. Die Entscheidung sei «gut für den Berliner Zeitungsmarkt». Er hoffe, «dass dadurch die beiden Zeitungen, die beiden Redaktionen erhalten bleiben.»
Montag
29.09.2003