Der Verband Schweizer Medien ist zufrieden mit den Fördermöglichkeiten für Medien, die der Bundesrat für die nächsten Jahre in Aussicht gestellt hat. Doch während die grösseren Medienhäuser dem Bundesrat Beifall klatschen, ist die Stimmung bei den kleineren Medienunternehmen weniger gut. Sie befürchten, dass die Medienkonzentration weiter zunehmen wird, und halten die Massnahmen für wenig zukunftsträchtig.
Ausgefallen sind die Vorschläge des Bundesrates ganz nach dem Geschmack von Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument. Neben der Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Onlinemedien soll die Schweizerische Depeschenagentur (SDA) mehr Geld erhalten und die indirekte Presseförderung beibehalten werden.
«Die privaten Verlage, die sich für bessere Rahmenbedingungen einsetzen, haben erhalten, was sie selbst als vernünftig und durchsetzbar betrachten», meinte er gegenüber dem Klein Report. «Der Bundesrat hat die entscheidenden Punkte der Verbesserung der Rahmenbedingungen erkannt und dem Parlament entsprechende Vorschläge gemacht.»
Der gleichen Meinung wie der Verlegerverband ist auch Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer: «Wir unterstützen die Position des Verbandes Schweizer Medien, der sich für gute Rahmenbedingungen für die Medienbranche einsetzt», sagte er gegenüber dem Klein Report.
Zimmer steht hinter den drei Massnahmen, mit denen der Bundesrat allerdings nicht wirklich Neuland betritt, sondern vor allem bestehende Modelle erweitert. «Wir unterstützen die Weiterführung der indirekten Presseförderung, die gerade für kleinere Titel mit einer hohen Postauflage entscheidend ist», so Zimmer zur Förderung über die Posttarife. «Damit profitieren insbesondere auch diese Titel, die für die Medienvielfalt in der Schweiz und das regionale Angebot besonders wichtig sind.»
Die Vertreter ebendieser Titel sind jedoch nicht alle derselben Meinung. «Es ist mehr als fraglich, ob sich mit diesen Massnahmen der Konzentrationsprozess in der Schweizer Medienlandschaft aufhalten lässt», so Christian Hug, der Leiter der MMV online AG, welche das Portal «zentral+» betreibt, gegenüber dem Klein Report. «Auch vermissen wir jegliche Anreize für neue Medienunternehmen oder Start-ups.»
Tobias Faust, der Geschäftsleiter der Neuen Medien Basel AG, welche die «TagesWoche» herausgibt, ist ebenfalls anderer Meinung als Lebrument. «Reichweite respektive Transportwege zu subventionieren, scheint mir am Ziel vorbeizuschiessen», meinte er gegenüber dem Klein Report.
«Meines Erachtens nach sollte die journalistische Arbeit und Qualität gefördert werden - auch wenn dies nicht ganz unproblematisch ist», so Faust. «Die Grenzkosten für Reichweite sind im digitalen Zeitalter quasi bei null. Das Problem liegt aber darin, dass mit wachsender journalistischer Qualität die Herstellkosten (Fixkosten) üblicherweise steigen, die Reichweite aber sinkt. Da meist nur eine relativ grosse Reichweite kostendeckend monetarisiert werden kann, wirkt sich dieser Effekt tendenziell negativ auf die Qualität aus.»
Auch bei der Förderung der SDA gehen die Meinungen auseinander. Während der Verlegerverband selten mit Kritik an der staatlichen Förderung der SRG geizt, sieht es bezüglich der SDA anders aus. «Die SDA ist eine private Aktiengesellschaft und kein staatlich gefördertes Medienunternehmen», differenzierte Lebrument. «Die Agenturleistungen in französischer und italienischer Sprache müssen jener in deutscher Sprache entsprechen. Bisher konnte dies nur erreicht werden, weil die deutschsprachigen Abonnenten das Defizit für den französischen und italienischen Dienst trugen. Für diesen Solidaritätsdienst musste ein siebenstelliger Betrag von deutschsprachigen Verlagen und Medienhäusern aufgewendet werden.»
Es sei deshalb richtig, dass nun der Sprachenrechtsartikel in dieser Angelegenheit angewandt, und die Agenturleistungen in den Minderheitssprachen Französisch und Italienisch unterstützt werden, so Lebrument, der auch Verleger der «Südostschweiz» ist. «Dies ist eine Entlastung für die deutschsprachigen Abonnenten und schafft einen Ausgleich für den italienischen und französischen Dienst.»
Tobias Faust sieht das anders: «Die SDA zu unterstützen, führt zu mehr Redundanzen im Netz, was meiner Meinung nach absurd ist. Was fehlt und unter Druck kommt, ist die Vielfalt und die regionale Verankerung», sagte er. «Statt die SRG zu bekämpfen und die SDA zu unterstützen, sollten die Inhalte (eventuell sogar das Rohmaterial) der SRG unter CC für die Veredelung durch Dritte unentgeltlich freigegeben werden. Kostet nix und dürfte im Minimum zu einer Qualitätssteigerung führen.»
«Wir sind nicht Mitglied des Verlegerverbandes, erlauben uns dennoch die Frage, ob es Sinn und Zweck der Medienförderung sein kann, eine Monopolagentur und damit den Einheitsbrei zu fördern?», meinte auch Christian Hug.
Ihm fehle eine Förderung für neue Mediengattungen und -unternehmen. «Unternehmen also, die bereit sind, die in unserem direktdemokratischen System, das auf eine eigenständige Meinungsbildung auf Pluralismus setzt, die früher den Zeitungen angedachte Rolle zu übernehmen», führte Hug aus.
«Die vorgelegten Massnahmen erscheinen uns nicht als zukunftsweisend», meinte Hug. «Die Massnahmen sind in den Grundzügen nur ein Beibehalten des Status quo, der in den letzten 50 Jahren die Hälfte der Zeitungstitel wegsterben liess. Davon abgesehen zielen sie ja auch in eine ganz andere Richtung als die Empfehlungen der Emek, die eine indirekte Presseförderung über die Posttaxenverbilligung als nicht mehr zeitgemäss erachtet oder eine Stiftung zur Medienförderung ins Leben rufen wollte.» Es sei schade um die gute Arbeit, die vom Bakom und anderen Beteiligten geleistet worden sei.
Ernüchternd ist auch das Fazit von Tobias Faust. «Leiden tut die Vielfalt», meinte er. «Je länger wir mit der Debatte warten, desto weniger Player dürften mitdebattieren. Davon profitieren vorwiegend die Grossen.»
Der Verlegerpräsident ist dagegen froh, dass die Debatte über neue Wege in der Medienförderung bis 2016 vertagt wurde. «Zuerst muss die Service-public-Debatte geführt werden», sagte er. «Hier gilt, dass dort, wo der Bund die Finanzierung für die Medien festlegt, eine ausgeglichenere Verteilung zwischen der staatlichen SRG und den Privaten zustande kommt. Das heisst, dass die Rahmenbedingungen für die Privaten, beispielsweise ein Werbeverbot für die SRG, ins Auge gefasst werden müssen.»
Hanspeter Lebrument hofft, dass in Bezug auf den Service public weitere Werbeeinschränkungen wie in Deutschland oder gar Werbeverbote wie in Grossbritannien auch in der Schweiz zur Anwendung gelangen.