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Donnerstag
19.02.2004

Der neue Privatsender U1 gerät wegen seinen Anstellungsbedingungen in die Kritik der Gewerkschaft: Sowohl in der jüngsten Ausgabe von «Facts» wie auch in der Programmzeitschrift «Tele» wird gegen den Sender geschossen. Knapp die Hälfte der rund 40 Mitarbeitenden des Senders seien als Praktikanten für einen Monatslohn von 1500 Franken angestellt geworden, von dem sie laut «Facts» kaum leben könnten. Die jungen TV-Macher würden «Selbstausbeutung» betreiben: «Das Team setzt sich voll und ganz für den Sender ein, teils zehn Stunden pro Tag und mehr», zitiert das Nachrichtenmagazin aus einer internen Mail. Doch das sei nicht der einzige Kritikpunkt: Man habe bei der Anstellung eine umfassende Einführung in den TV-Journalismus versprochen, weiss «Tele». Doch: «Die Versprechungen, die gemacht wurden, sind schlicht lächerlich. Die sind in der Praxis nicht eingehalten worden», sagt Wolf Ludwig von Gewerkschaft Comedia. Ein Ausbildner weihe die Praktikanten lediglich tageweise in die Geheimnisse des TV-Journalismus ein. Zudem wurde ein Teil der Belegschaft zur «Vertiefung des Gelernten» zum Schwestersender TV Berlin geschickt. «Wir wurden dort nur rumgehetzt und bekamen obendrein den Frust unserer Kollegen zu spüren», erinnert sich einer der Gastarbeiter im «Tele».

Die U1-Verantwortlichen weisen die Vorwürfe zurück. Zum einen hätten die Leute genau gewusst, was auf sie zukommt. «Wir haben mit jedem Bewerber drei Gespräche geführt», wird U1-Geschäftsführer Thomas Sadecky im «Tele» zitiert. Und was die versprochene Ausbildung betrifft, erklärt U1-Chefredaktor Beni Leoni auf Anfrage des Klein Reports am Donnerstag: «Unsere Leute waren einen ganzen Monat lang in Berlin. Sie lernten dort das TV-Handwerk by doing, und das bedeutet, dass man sehr schnell im Programm mitwirkt und auch den hektischen Redaktionsalltag aushalten muss. Wer bei uns eine theorielastige Ausbildung erwartet, hat beim Vorstellungsgespräch nicht richtig zugehört.» Zudem wolle man nun nach den zwei ersten Monaten die Ausbildung intensivieren: «Wir starten wir in diesen Tagen mit der Sprechausbildung für alle VJs bei einer externen Sprechausbildnerin. Zudem wollen wir ab Mai regelmässig interne Seminare durchführen», sagt Leoni - enttäuscht darüber, dass die Gewerkschaften Vorwürfe über die Medien erheben, ohne mit ihm Kontakt aufgenommen zu haben: «Weder Wolf Ludwig noch jemand anderes von Comedia hat mich kontaktiert. Es ist billig, via Medien undifferenzierte Vorwürfe zu erheben, ohne sich vorher bei den Verantwortlichen über die Hintergründe zu erkundigen.»