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Freitag
12.07.2002

Das gegen den russischen Schriftsteller Wladimir Sorokin eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Pornografie ist in der Öffentlichkeit auf Kritik gestossen. «Wenn man bei uns damit anfängt, Schriftsteller wegen ihrer Werke zu verfolgen, dann ist das ein gefährlicher Präzedenzfall», zitierte die Zeitung «Iswestija» am Freitag Kulturminister Michail Schwydkoj. Am Vortag hatte die Moskauer Staatsanwaltschaft das Verfahren nach einer Anzeige der Kreml-treuen Jugendorganisation «Gemeinsamer Weg» eingeleitet. Der 46-jährige Postmodernist Sorokin sieht sich einer Hetzkampagne konservativer Kreise ausgesetzt. «Diese Sache ist vielleicht der Anfang einer Säuberung nicht nur der Literatur, sondern der Kultur insgesamt», sagte Sorokin in einer ersten Reaktion. In dem auch auf Deutsch erschienenen Roman «Der himmelblaue Speck» lässt sich Sorokin unter anderem über den Intimverkehr geklonter Sowjetführer miteinander aus. Seit Jahren zählt Sorokin zu den umstrittensten Gegenwartsautoren in Russland. «Solche Sorokins erziehen heutzutage unsere Skinheads, die dann Gewalttaten verüben», sagte zum Beispiel der Duma-Abgeordnete Gennadi Raikow. Der Autor solle sich dringend an einen Psychiater wenden, meinte ein anderer Politiker.